NO MAN’S VALLEY - Wie eine gut geölte Rock-Maschine

25. April 2019

No Man's Valley

NO MAN’S VALLEY - Wie eine gut geölte Rock-Maschine

„Outside The Dream“, das neue, zweite Album der Niederländer No Man’s Valley, ist ein famoses Werk voll mit 70ies Retrorock: Gitarren, Orgeln, fiebrige, verschwommene Momente, coole Grooves, eingängige Melodien. eclipsed sprach mit Sänger Jasper Hesselink über die Hintergründe.

eclipsed: Ist „Outside The Dream” das berüchtigte „schwierige zweite Album“ geworden, oder was es einfach, das Album aufzunehmen und zu produzieren?

Jasper Hesselink: Es fühlt sich gar nicht wie unser zweites Album an, denn unser Debüt war ein zerrissenes Werk, geprägt von Line-Up-Wechseln und vielen Aufnahmesessions. Dieses Mal sind wir wie eine gut geölte Maschine ins Studio gegangen. Wir hatten eine Vorproduktionsphase, in der wir uns gut vorbereitet haben. Wir haben sichergestellt, dass wir alle zu 100 Prozent mit unseren neuen Songs und ihren Formen zufrieden waren, bevor wir ins Studio gegangen sind. Es war nicht immer einfach, aber es lief doch viel glatter als beim ersten Album.  

eclipsed: Was hat sich gegenüber dem Debüt „Time Travel“ verbessert?

Hesselink: Der größte Unterschied ist, dass „Outside The Dream” in nur einer Session mit einem stabilen Line-Up aufgenommen wurde. Wir waren auch so gut vorbereitet, dass wir alles in nur vier Tagen quasi live eingespielt haben. Wir haben die neuen Songs auch schon auf der „Time Travel“-Tour und auch beim Freak Valley Festival live gespielt. Das war also eine sehr komfortable Situation für uns. Wir haben auch versucht, die Dynamik zu erhöhen. Die harten Teile sind noch härter, die psychedelischen Teil sind noch spaciger. Ich denke, das haben wir ganz gut hingekriegt.

eclipsed: War es von vorn herein beabsichtigt, das Album in so kurze Zeit live aufzunehmen?

Hesselink: Wir hatten uns schon vorgenommen, nicht immer weiter und weiter zu machen, bis wir endlich finden, dass es perfekt passt. Den richtigen Zeitpunkt zu finden, ist nicht immer einfach. Wir haben wirklich unseren Produzenten Matthijs Kievit gebraucht, der beizeiten gesagt hat: „Stoppt jetzt. Es ist toll, wirklich.“ Wenn er das nicht gesagt hätte, hätten wir bestimmt länger gebraucht. Wir wollten eher das etwas rauere Livefeeling einfangen und die Sache nicht allzu sehr aufpolieren. Es sollte aber auch nicht schwach produziert klingen. Das hat ganz gut geklappt. Im Nachhinein ist das Einzige, wofür wir doch etwas mehr Zeit hätten aufwenden sollen, der Gesang. Ich habe alle Leadvocals und alle Backing Vocals in nur fünf Stunden aufgenommen. Das ist eigentlich verrückt.  

eclipsed: Ihr spielt 70ies Retrorock. Was macht diesen Stil so attraktiv für dich?

Hesselink: Ich bin mir nicht sicher, dass diese Kategorisierung stimmt. Wir sind von verschiedenen Stilen beeinflusst. Bei uns im Tourbus läuft Musik von Radiohead, David Bowie, King Gizzard And The Lizard Wizard, Nick Cave, Mark Lanegan. Also nicht alles Oldies. Aber wir alle lieben den psychedelischen Bluesrock, der in den Siebzigern seinen Ursprung hat. Daher kann ich diese Einteilung schon verstehen.

eclipsed: Es gibt relaxte Passagen auf dem Album und spannungsgeladene Passagen. In welcher Stimmung wart ihr bei den Aufnahmen? Hat euch die Arbeit an dem Album verändert?

Hesselink: Ich kann da nur für mich sprechen. Während der Vorproduktion und den Aufnahmen war ich in keiner guten Verfassung. Wegen einer Depression musste ich teilweise meinen Job aufgeben. Das einzige, was mich über Wasser gehalten hat, war die Musik. Meine Stimmung hat sich natürlich auf die Stimmung der anderen und auf die Musik selbst ausgewirkt. Die Musik hat mir geholfen, da durch zu kommen und ich bin nun ein glücklicherer Mensch. Musik hat für uns schon eine heilende Kraft. 

eclipsed: Deine Stimme klingt oft nach Jim Morrison, besonders in den Songs „From Nowhere“, „Into The Blue“ und „Murder Ballad“. Was sagst du zu diesem Vergleich?

Hesselink: Diesen Vergleich hören wir oft. Wir definieren unseren Sound selbst als Mix aus The Doors und Pink Floyd. Wir haben auch schon einige Shows mit dem The Doors Alive Projekt gespielt. Dem Publikum gefiel es. Daher passt der Vergleich schon.

eclipsed: Auf dem neuen Album gibt es eine Menge richtig toller Melodien. Wo nehmt ihr dir her?

Hesselink: Wir finden die Melodien nicht, sie finden uns. Nein, im Ernst. Wer weiß, woher die Melodien kommen? Ich hoffe nur, dass die Melodien uns nicht ausgehen werden und wir weiterhin die Musik machen können, die wir lieben.

eclipsed: Worum geht es in den Lyrics?

Hesselink: Sie alle repräsentieren den Zustand, indem ich während meiner Depression war. Mein Zustand änderte sich ständig und so ist es auch auf dem Album. Ich war oft allein und hatte viel Zeit zum Nachdenken und habe viele Dinge immer wieder aus neuen Perspektiven gesehen. Die Leute interpretieren meine Lyrics manchmal ganz anders. Aber ich mag all diese Interpretationen.

eclipsed: Eure frühere Single „The Wolves Are Coming“ wurde in einem Videogame benutzt und hat dadurch jede Menge Publicity erreicht. Ist das nicht ein komisches Gefühl, dass die Musik durch ein Spiel bekannter wird als durch Promotion, Radio oder Konzerte?  

Hesselink: Ja, das ist schon seltsam. Wir sind keine großen Videospieler. Wir wollen nur, dass unsere Musik von möglichst vielen Leuten gehört wird. Wir verschicken gerade CDs in die ganze Welt. Es ist schon toll, dass Leute in – sagen wir mal – Las Vegas oder Berlin an der Musik einer kleinen Band aus dem Süden der Niederlande interessiert sind. 

eclipsed: Zurück in eure Vergangenheit. Schildere bitte den bisherigen Werdegang von No Man’s Valley.

Hesselink: Vor unserem ersten Album „Time Travel“ haben wir zwei EPs veröffentlicht, die beide kostenlos bei Bandcamp downgeloadet werden können. Ich bin der Band erst vor fünf Jahren beigetreten, kurz vor der zweiten EP. Danach wollten wir eine Hitsingle aufnehmen. Das ist uns auch mit „The Wolves Are Coming“ bis zu einem gewissen Grad gelungen. Der Song wurde im Radio gespielt und in einem ziemlich erfolgreichen Videospiel verwendet. Danach haben wir aber entschieden, dass 3-Minuten-Popsongs nicht das sind, was wir machen wollen. Wir begannen dann, die Tracks für unser Debüt „Time Travel“ zu schreiben. Ich dachte, es wäre cool, dass Album auf Vinyl herauszugeben. Also haben wir wie verrückt Plattenlabel angeschrieben. Am Ende hat uns das Berliner Nasoni-Label aufgenommen. Wir haben uns schon immer realistische Ziele gesetzt und nicht aufgegeben, bis wir diese erreicht haben. Auf diese Weise haben wir nun zwei Alben veröffentlicht, haben ein Crowdfunding gestartet und sind in Deutschland, Österreich, der Schweiz und beim tollen Freak Valley Festival aufgetreten. Das mag sich für die meisten professionellen Musiker nicht viel anhören, ich bin aber sehr stolz darauf.

*** Interview: Bernd Sievers