PAUL WELLER - Väterchen Zeit

10. August 2020

Paul Weller

PAUL WELLER - Väterchen Zeit

Er hat Punk-Rock, Neo-Soul, Britpop und EDM er- und überlebt. Jetzt, mit 62, will es der ehemalige Chef von The Jam und The Style Council noch einmal wissen: „On Sunset“ ist das vielseitigste und vielleicht auch mutigste Album seiner Karriere – eine Hommage an eine Zeit, als an den Wochenenden noch kräftig getanzt wurde, David Bowie das Chamäleon gab und Bond-Filme von britischen Künstlern vertont wurden. 

eclipsed: Ein Highlight deines neuen Albums trägt den Titel „Old Father Tyme“. Kommst du dir nach fünf Dekaden im Musikgeschäft vor wie der weise, alte Mann dieser Branche?

Paul Weller: Manchmal schon. Schließlich habe ich alles erreicht, was ich wollte - und habe es in vollen Zügen genossen. Gut, in Amerika hinterließ ich kaum Spuren, aber damit kann ich leben – mir reicht es, in England und Kontinentaleuropa zu touren. Außerdem bin ich ein Familienmensch: Ich habe acht Kinder, die mich auf Trab halten, und ein Zuhause, in dem ich mich wohlfühle. Ich muss keinen Luftschlössern hinterherjagen. Und: Wir alle werden älter. Insofern muss man das Beste aus seiner Zeit machen und so viel ausprobieren wie möglich – ohne sie mit Nachdenken zu verschwenden.

eclipsed: Äußert sich das auch in deiner Musik – oder wie kommt es, dass du alles von R&B bis Orchester-Pop abdeckst?

Weller: Die Zeit vergeht so schnell, dass ich versuche, so viel und so abwechslungsreich zu schreiben wie möglich. Also bevor ich den Löffel abgebe. Dafür gibt es keine bessere Zeit als das Hier und Jetzt.

eclipsed: Das Album endet mit „Rockets“ – ist das dein „Space Oddity“, deine Hommage an David Bowie?

Weller: Musikalisch bestimmt (lacht). Und ich wünschte, ich hätte ihn mal getroffen, aber es hat nie sollen sein. Meine Frau ist sogar noch ein größerer Fan als ich – sie war es auch, die unseren Sohn unbedingt Bowie nennen wollte. 

eclipsed: Was ist mit deiner aktuellen Frisur? Hast du dich von der Haarpracht eines Mick Ronson, Bowies langjährigem Sidekick, inspirieren lassen?

Weller: (lacht laut) Nicht wirklich. Ich meine, ich finde meine Frisur toll, aber sie ist kein Mick. Und meine Haare sind auch nicht wirklich blond, sondern grau. Kann sein, dass das Nikotin da reflektiert und für eine farbliche Verfremdung sorgt. Nur: Selbst, wenn ich daran etwas ändern wollte, könnte ich das nicht – weil in Großbritannien alle Frisöre geschlossen haben (lacht). Von daher habe ich keine andere Wahl, als sie wachsen zu lassen. Und ich schwöre: Sobald der Corona-Spuk vorbei ist, werden Frisöre ein Vermögen machen.

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