PETER GARRETT - Zwischen Bühne und Politik

PETER GARRETT - Zwischen Bühne und Politik

Auch wenn die erfolgreiche Politrockband Midnight Oil nach zwei letzten umjubelten Welttourneen und dem überaus überzeugenden 2022er Album „Resist“ offenlässt, ob sie noch einmal ein weiteres einspielen wird, möchte ihr inzwischen 71-jähriger Sänger PETER GARRETT sich keineswegs zur Ruhe setzen. Vielmehr legte er mit „The True North“ kürzlich sein zweites Solowerk vor, das es musikalisch mit den besten Alben seiner Band aufnehmen kann und textlich noch reflektierter ausfällt. Via Zoom treffen wir einen entspannten und sehr höflichen Peter Garrett, der sich im Interview Zeit lässt, in nachdenklich stimmenden Antworten seinen Blick auf die Welt zu beschreiben.

eclipsed: Auf „The True North“ spielt auch Oils-Gitarrist Martin Rotsey mit. Warum habt ihr nicht doch noch ein Bandalbum gemacht?

Peter Garrett: Nach zwei Welttourneen hatten wir das Gefühl, dass es an der Zeit war, dass jeder sein eigenes Ding macht. Ich habe das in der Vergangenheit ja öfter so gehandhabt, nur habe ich mich damals eben der Umweltpolitik gewidmet. Jetzt habe ich mich entschieden, weiter Musik zu machen. Was Martin angeht: Als ich meinen Ministerjob beendet hatte, hat er ja auch auf meinem ersten Soloalbum gespielt, und als ich ihn diesmal fragte, ob er an ein paar Songideen mitwirken wolle, entgegnete er gleich: „Warum machst du denn keine ganze Platte?“

eclipsed: Was die Texte angeht, gefällt mir daran die Mischung aus direkten politischen Songs und Stücken, die eine eher allgemeinere, abstraktere Bildsprache verwenden. Was war für dich das Ziel?

Garrett: Ich will niemanden von irgendetwas überzeugen, aber ich bin ein sehr politischer Mensch, also muss ich mich auch äußern. Gleichzeitig wollte ich Bilder verwenden, die nicht so abgegriffen sind, also von einer Idee ausgehen und diese in einer frischen, originellen Art weiterentwickeln. Wir leben in einer so fremdbestimmten digitalen Zeit, in der Algorithmen das Konsumverhalten lenken und unsere Telefone unser Leben bestimmen – ein Leben, das nur noch an Likes und „dislikes“ [Aversionen, Anm.] gemessen wird. Und die Welt wird sich nicht mehr zurückdrehen; was ich tun kann, ist, die Wahrheit – meine Wahrheit – aus den Dingen zu filtern und sie in Worte zu fassen.

eclipsed: Der Albumtitel bezieht sich auf die nördlichen Regionen Australiens. Was fasziniert dich an dieser Gegend?

Garrett: Wir haben gewaltige, von Ureinwohnern bevölkerte Landstriche, die anders sind als alles andere auf der Welt – im Hinblick auf die Größe wie auf die ökologische Unversehrtheit. Und wie es in unserer technisierten Welt zugeht, wird es immer jemanden geben, der dort eindringen möchte, um sie zu zerstören. Ich möchte davor warnen und meine Landsleute dazu bringen, zu erkennen, wie wichtig diese Regionen in ihrem unberührten Zustand für uns sind. Wir als Menschen verlieren seit Jahrzehnten unsere Verbindung zur Natur und stehen vor einer düsteren Zukunft, wenn wir ihr nicht wieder ihre angestammte Rolle zuweisen.

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