„Versions Of The Truth“, das dreizehnte Studioalbum von The Pineapple Thief, ist gleichzeitig das dritte mit Gavin Harrison an den Drums. Seit das Schlagzeugass festes Mitglied von Bruce Soords langlebiger New-Artrock-Band ist, haben sich Sound und Arrangements verfeinert, die Musik ist atmosphärischer und spannungsgeladener geworden. Auch das neue Werk lädt wieder auf eine faszinierende Reise ein.
Bruce Soord sitzt beim Skype-Interview in seinem Heimstudio, das sich in Yeovil, einer Kleinstadt im britischen Südwesten, befindet. Dabei benutzt er das Mikrofon, mit dem er normalerweise seine Gesangsparts aufnimmt. Es sind neue und interessante Einblicke, die man in Zeiten von Corona ins Leben von Musikern gewinnen kann ...
eclipsed: Euer neues Album heißt „Versions Of The Truth“. Wie zu erfahren ist, geht es darauf um die sehr aktuelle Debatte über den Unterschied zwischen Fakten und persönlicher Wahrnehmung.
Soord: Ja, so ist es. Wir haben vergessen, was Wahrheit bedeutet. Mit dem Brexit hat sich diese Wahrheitsverzerrung bis in die höchsten Ebenen der Macht ausgebreitet – und es wird immer schlimmer. Gleichzeitig beziehe ich diese Problematik auch auf den persönlichen Mikrokosmos. Letztlich ist der Konflikt der gleiche: Er speist sich aus gegensätzlichen Meinungen darüber, was Wahrheit bedeutet. Und im Zuge dieser endlosen Diskussionen vergisst man irgendwann selbst, was Wahrheit ist. Tatsächlich entspringt der Albumtitel einem Konflikt, den ich mit einem sehr engen Freund hatte; irgendwann hörte ich dann von Bekannten, dass er zu ihnen gesagt hatte: „Ich weiß jetzt nicht, welche der sieben Wahrheitsversionen Bruce euch erzählt hat.“ Und ich dachte mir: Dieser Ausspruch fasst sehr schön zusammen, warum es auf der Welt derzeit so viele Konflikte gibt.
eclipsed: Ist das eine neue Entwicklung?
Soord: Politiker waren ja schon immer gut darin, die Wahrheit zu verschleiern. Ich denke aber, dass der Brexit eine äußerst traumatische Erfahrung für Großbritannien ist. Und er hat das Land polarisiert; in den USA passiert ja gerade dasselbe. Aber es färbt eben auch auf die einzelnen Menschen ab, auf Individuen, auf Familien, auf die ganze Art, wie Menschen sich gegenseitig einschätzen. Das ist alles in die Songs eingeflossen.
eclipsed: Zieht sich dieses Thema durch das ganze Album?
Soord: Ich würde sogar sagen, dass diese von allen meinen Platten am ehesten als Konzeptalbum bezeichnet werden kann. Nicht alle Songs handeln von dieser Erfahrung, aber selbst Songs, in denen es nicht direkt darum geht, wurden von diesem speziellen Gefühl inspiriert, wie etwa „Leave Me Be“. Ein anderer Song, „Stop Making Sense“, handelt davon, dass man in seinem Leben Menschen braucht, denen man vertrauen kann, die einem Wahrheit geben können.