Auf ihrem Debütalbum „The Dark Third“ (2006) speisten Prog, Post-Rock, Elektronik, Psychedelic Rock und Britpop den Musikkosmos von Pure Reason Revolution. Vom englischen Magazin „Q“ wurden sie seinerzeit als das „fehlende Verbindungsstück zwischen Pink Floyd und dem 21. Jahrhundert“ gefeiert. Mit den beiden folgenden Alben „Amor Vincit Omnia“ (2009) und „Hammer And Anvil“ (2010) und einer allgemeinen stärkeren Hinwendung zur elektronischen Musik wurden Gitarrist und Sänger Jon Courtney und Sängerin und Bassistin Chloë Alper dieser Bezeichnung allerdings nicht mehr gerecht. Nach einer fast achtjährigen Pause meldeten sich Pure Reason Revolution mit einem begeisternden Auftritt beim letztjährigen Midsummer Prog Festival zurück. In diesem April folgt das neue Album „Eupnea“.
Berlin, Ende Februar. Wir sind mit Jon Courtney unweit seiner Wohnung im Ortsteil Alt-Treptow verabredet. Der 42-jährige Brite hat sich einen ganzen Nachmittag Zeit für ein ausführliches Gespräch genommen. Bei strahlendem Sonnenschein und einem ausgedehnten Streifzug zu seinen Lieblingsorten in der näheren Umgebung plaudert der in Sheffield geborene und in Reading aufgewachsene Musiker über das Comeback von Pure Reason Revolution, die positiven Aspekte seiner Wahlheimat und den dramatischen persönlichen Hintergrund des neuen Albums.
eclipsed: Seit wann lebst du in Berlin, Jon, und was hat dich zum Umzug aus London bewogen?
Jon Courtney: Die letzte Show mit Pure Reason Revolution [vor der vorübergehenden Auflösung, Anm.] war im November 2011. Für uns hat sich das damals wirklich wie ein Ende angefühlt, das definitive Ende. Wir waren uns einig, dass wir mit der Band nichts mehr zu sagen hatten und uns von nun an anderen Projekten widmen wollten. Kurz darauf haben meine Frau und ich beschlossen, nach Berlin zu ziehen. Ich war vorher schon ein paar Mal mit ihr hier gewesen, und wir hatten uns gewissermaßen sofort in diese Stadt verliebt.
eclipsed: Wie empfindest du die Stadt und ihre Bewohner im Vergleich zu London?
Courtney: London fühlte sich immer klaustrophobisch an. In Berlin hat man Raum zum Atmen – breite Straßen und riesige Parks. Berlin vermittelt ein schönes, entspanntes Gefühl. Ich kann im Sommer innerhalb von 20 Minuten mit der Bahn aus dem Zentrum raus zum Schwimmen im See fahren. Meine Familie und ich sind zum Beispiel gern am Müggelsee, das ist immer wie ein kleiner Urlaub. Berlin gibt mir das Gefühl von Freiheit: Die Leute trinken um 10 Uhr morgens ein Bier, und niemand rümpft die Nase, Hunde werden in so ziemlich allen Einrichtungen akzeptiert. Ich liebe diesen Liberalismus. Die Menschen sind meist recht freundlich. Man sagt ja, dass die Berliner schroff und unhöflich sein können, aber das habe ich nie wirklich erlebt.
eclipsed: David Bowie bezeichnete Berlin als „die größte kulturelle Extravaganz, die man sich vorstellen kann“. Ist das auch heute noch so? Wie oft gehst du zum Beispiel zu Konzerten?
Courtney: Da muss ich dich leider enttäuschen. Für einen Musiker bin ich wohl kein besonders regelmäßiger Konzertgänger, obwohl hier natürlich dauernd etwas los ist. Mein letztes Konzert waren wohl die Smashing Pumpkins in der Zitadelle im letzten Sommer.