AMPLIFIER - Mut zur Freiheit

11. Juli 2017

Amplifier

Ein sommerlicher Mainachmittag in Kreuzberg. Vor den Türen des Ramones-Museums am Schlesischen Tor flanieren sonnenhungrige Hauptstadthipster oder treten im Pulk in die Pedale. Im Innern des Kneipenmuseums hat es sich Sel Balamir bequem gemacht. Im Gespräch wirkt der 44-Jährige wie einer, der tief im Einklang steht mit dem kurvenreichen Weg seiner Band, die sich stets unterhalb des Mainstreamradars bewegt.

eclipsed: Du hast in London gelebt und in Manchester, der Großstadt aber mittlerweile den Rücken gekehrt. Wie kam es zur Stadtflucht?

Sel Balamir: Stimmt, ich lebe inzwischen am Meer, in einer kleinen Stadt nahe Brighton. Einer der neuen Songs, „Horse“, erzählt von diesem Leben. Was London angeht: Es wurde zunehmend unmöglich, dort zu leben. Wenn du mit einer Familie dort lebst, kannst du dir es dir kaum mehr leisten. Als mein Sohn eine Schule suchte, wäre zudem ein endlos langer Schulweg auf ihn zugekommen. Also überlegten wir wegzuziehen. Eine Freundin, die aus der Gegend stammt, brachte uns auf Brighton.

eclipsed: Für einen Großstädter wie dich sicherlich ein heftiger Übergang.

Balamir: Und wie! Es ist sehr klein und beschaulich. Wenn du aus dem Haus gehst, sagt jeder Hallo. Der Strand ist um die Ecke, ich gehe fast täglich Surfen. Als wir noch in London lebten, war die Attraktion in unserem Viertel das Shoppingcenter, es bildete den Kern des dortigen Lebens. Wenn du dagegen bei uns vor die Tür gehst, bist du schnell an Orten, wo es keine Häuser mehr gibt. Ich denke, das Leben am Meer verändert dich. Es hat Einfluss auf dein Glücksempfinden.

eclipsed: Wie ein Surfer wirkst du allerdings nicht.

Balamir: Dabei war es immer mein Kindheitstraum. Damals hatte ich zwei Träume: Ich wollte Gitarre spielen und surfen. Den zweiten Traum muss ich irgendwann vergessen haben. Surfen und Musikmachen löst in mir ungefähr dasselbe Gefühl aus. Es hat mit Freiheit zu tun.

Lest mehr im eclipsed Nr. 192 (07/08-2017).