Über 30 Jahre ist es her, dass der kleine, korpulente Mann mit einem deutschen Magazin gesprochen hat. Nicht, weil er etwas gegen das Land hätte, in dem er sich in den frühen 60ern (mit den Monarchs) seine ersten musikalischen Sporen verdiente, sondern weil er schlicht und ergreifend keine Interviews mag. So gar nicht. Ihn trotzdem vors Mikro zu kriegen, ist ein echtes Geduldsspiel – mit dubiosen Managern, die vorab eine Art Sondierungsgespräch am Telefon führen, einem einzureichenden Fragenkatalog, mehreren genauso kurzfristig angesetzten wie wieder abgesagten Gesprächsterminen, langen Phasen eisigen Schweigens und dann – urplötzlich – einem Termin Montag, 29.8., Culloden Hotel, Belfast. In dem Fünf-Sterne-Golf-Resort mit Panoramablick auf die Bucht der nordirischen Hauptstadt tritt Van Morrison regelmäßig im Ballsaal auf. Vor 350 Hardcore-Fans, die ein Vermögen dafür aufbringen, den „local hero“ (Taxifahrer) in intimem Rahmen zu erleben.
Doch an besagtem Montagmorgen ist Van The Man eher auf Konfrontation aus. Er trägt schwarze Lederkappe samt Lederjacke zu verspiegelter Sonnenbrille, ein rosa Poloshirt und Jeans, ist hektisch und extrem auf Abwehr getrimmt. Keiner, mit dem man einen netten Plausch bei traditionellem Tea & Scones hält, sondern jemand, der sich eher wie bei einem Zahnarzttermin fühlt – und nur widerwillig gute Miene macht. „Ich bin hier, um über mein neues Album zu reden“, stellt er gleich zu Beginn klar, und ob man ihn – der gerade zum Ritter geschlagen wurde – nun „Sir“ nenne oder nicht, sei ihm so was von egal... Ein netter Einstieg.
Doch zum Glück kommt er schnell wieder runter, nachdem ihm seine junge, adrette Assistentin ein Glas Wasser für seine Tabletten reicht – und ihm der Besuch aus Tschörmänie ein bisschen Honig ums Doppelkinn schmiert. Zum Beispiel mit der Frage, ob er wirklich der ewig schlechtgelaunte, humorlose alte Sack sei, als der er immer beschrieben werde – auf dem neuen Album fänden sich schließlich Songs wie „Let It Rhyme“, „Too Late“ oder „Going Down To Bangor“, in denen er richtig witzig und sympathisch anmutet. „Ein guter Punkt“, rumpelt er mit heftigem Akzent los. „Das ist ein Image, das mir in den 70ern von Journalisten verpasst wurde, die mit mir und meiner Art nicht zurechtkamen oder die mich einfach nicht verstanden. Das hat sie dazu veranlasst, mich bei jeder Gelegenheit zu dissen und irgendwelche Mythen in die Welt zu setzen...“