eclipsed Nr. 124 / 10-2010

JIMI HENDRIX
I don’t live today

Als Jimi Hendrix die Bühne in Woodstock verließ, blieben ihm noch 397 Tage. Die Zeit nach dem 18. August 1969 war geprägt von persönlichen Problemen und den Versuchen einer musikalischen Neuorientierung. Protokoll eines Jahres, das am 18. September 1970 in London mit dem tragischen Tod des Gitarrenrevolutionärs endete.

THE FLAMING LIPS
Pink Floyd 2.0

Es ist nicht das erste Mal, dass eine Band ein komplettes Album covert. Pussy Galore machten sich über „Exile On Main St.“ her, Camper Van Beethoven holten Fleetwood Macs „Tusk“ aus der Versenkung, Gov’t Mule replizierten erst kürzlich Led Zeps „Houses Of The Holy“ und Phish führen alljährlich Topalben der Rockgeschichte auf. Wenn die Flaming Lips jetzt Pink Floyds Jahrhundertopus „The Dark Side Of The Moon“ updaten, hat das jedoch einen ganz anderen Stellenwert.

BLACK COUNTRY COMMUNION
Kein schwärzer Land in dieser Zeit

Mit ihrem Debüt haben Black Country Communion schon jetzt eines der besten Hardrock-Alben 2010 vorgelegt. Was Wunder, bei der Besetzung, möchte man ausrufen. Immerhin besteht die Band aus dem Bluesrock-Wunderkind Joe Bonamassa, Sänger/Bassist Glenn Hughes, Keyboarder Derek Sherinian und Schlagzeuger Jason Bonham. Zwei Engländer, zwei Amerikaner – das klingt nach transatlantischer Supergroup, doch in letzter Konsequenz sind BCC zu 100 Prozent britisch.

SPOCK’S BEARD
Eine Band und ihre Ultras

Seit dem Ausstieg von Neal Morse hat Spock’s Beards Dave Meros eine erstaunliche Entwicklung als Songwriter vollzogen. Während er auf „Feel Euphoria“ gerade mal einen Song beitragen konnte, hat sich der 54-jährige neben Nick D’Virgilio und Alan Morse inzwischen zu einem der Kreativköpfe der Bärte gemausert – und zu ihrem Sprachrohr.

COLOSSEUM
Morituri Te Salutant

In den Jahren 1969 und 1970 stießen Colosseum drei Studioalben raus, die auf einzigartige Weise Jazzrock, Prog und Blues miteinander verbanden. Danach war Schluss. Seit 1995 mischt die Gruppe um Starschlagzeuger Jon Hiseman wieder aktiv mit. Doch jetzt scheinen Colosseum das letzte Kapitel ihrer Bandgeschichte aufgeschlagen zu haben.

SUPERTRAMP
„Angst vor einem Rechtsstreit? Nicht wirklich!“

Anlässlich des 40-jährigen Bandjubiläums von Supertramp tourt Rick Davies ohne Ex-Partner Rodger Hodgson. Für Fans der 70s Supergroup ein Affront – für den ergrauten Pianisten eher unfreiwillige Notwendigkeit, für die er sich permanent rechtfertigen muss. Auch in diesem Gespräch…

CARLOS SANTANA
Im Rock’n’Roll-Louvre

Die meisten betuchten Männer kompensieren ihre Midlife-Crisis mit Sportwagen, Golfen und jungen Gespielinnen. Nicht so Carlos Santana: Der 63-jährige Althippie flirtet lieber mit den Mona Lisas der Rockgeschichte, macht in gehobene Gastronomie und fachsimpelt unter der Bettdecke mit Lenny Kravitz’ Schlagzeugerin.

ROBERT PLANT
„Wir waren Furcht einflößend!“

Vor einem halben Jahr verblüffte Robert Plant Fans und Presse mit seiner Ankündigung, ein neues Soloalbum mit dem Titel „Band Of Joy“ zu veröffentlichen. Band Of Joy – da war doch was?! In der Tat, so hieß die Band, in der der englische Sänger zusammen mit seinem späteren Zeppelin-Crewmitglied John Bonham die ersten Gehversuche machte. Okay, Plants Album liegt jetzt vor, aber was in aller Welt hat dieser Schlenker in die graue Vergangenheit zu bedeuten?

Weiter im Text!Kultige Songs und ihre Bedeutung 
RED HOT CHILI PEPPERS – CALIFORNICATION

Die Kulturmaschine Hollywood bringt verderben über die Menschheit. Hoch ansteckend, ergreift der Virus Kalifornien besitz von den Köpfen weltweit. In „Californication“ kritisieren die Red Hot Chili Peppers die Allmacht eines zerstörerischen Systems – doppelbödig und voller Anspielungen.

EINKAUFSZETTEL VAN DER GRAAF GENERATOR 
PINK FREUD

Als der Termin von Van der Graaf Generators erstem Reunion-Konzert im Mai 2005 näher rückte, stöhnte Peter Hammill: „Van-der-Graaf-Musik zu machen, ist eine schwierige Angelegenheit“. Muss es wohl, immerhin hatten sich die Musiker des klassischen Line-ups – neben Sänger/Gitarrist Hammill Keyboarder/Bassist Hugh Banton, Schlagzeuger Guy Evans und der inzwischen wieder ausgestiegene Saxofonist David Jackson – fast drei Jahrzehnte davor gedrückt, wieder als Band in Erscheinung zu treten. Und ihr Comeback hat noch einmal verdeutlicht, dass Van-der-Graaf-Musik zu hören ebenfalls eine „schwierige Angelegenheit“ ist. Die 1967 in Manchester gegründete Formation sucht neue Wege ausgerechnet dort, wo sich nur die wenigsten hinwagen: in den Abgründen der menschlichen Seele. Ihr Werk ist sperrig und bedrohlich, verstörend wie ein Bergman-Film. Es ist experimentell wie die verwegensten Arbeiten Pink Floyds und dabei furchtlos im Schauen und Benennen von Trieben und Ängsten wie ein Sigmund Freud. Die mitunter quälenden Klangbilder im Verbund mit Hammills düsteren Texten machen denn auch aus Van-der-Graaf-Generator-Fans nolens volens Mitwisser bzw., wie es im Song „Man-Erg“ heißt, acolytes of gloom. Aber auch die „Gefolgsleute der Finsternis“ haben die Gruppe nicht zu kommerziellen Höhenflügen führen können. Trotz eines Nummer-1-Erfolgs in Italien mit „Pawn Hearts“ sind Van der Graaf Generator bis heute eine Nischenband geblieben. Selbst Progressive-Rock-Liebhabern ist ihr Ansatz oftmals zu radikal. Dieses Paria-Dasein gibt Hammill und Co aber letztlich die Freiheit, das zu tun, was zu tun ist: unvergängliche Kunst.