ANNA VON HAUSSWOLFF - Der Befreiungsschlag

8. März 2018

Anna von Hauswolff

Anna von Hausswolff zählt zu den eigenwilligsten Songautorinnen Skandinaviens. Ihr Instrument ist die Kirchenorgel, das sakrale Instrument bildet den Anker zwischen zarten und brachialen Sphären. Auf ihrem vierten Album „Dead Magic“ setzt die Schwedin zudem ihren klaren Sopran expressiver ein als bisher. Manche Songs explodieren förmlich: Sie reflektieren eine Zeit, in der Hausswolff vor der totalen Erschöpfung stand.

Als Anna von Hausswolff im Büro ihrer Berliner Plattenfirma Journalisten empfängt, begegnet diesen ein ausgesprochen freundlicher Mensch, der in wohlüberlegten, druckreifen Sätzen spricht. Mit feinen langen Haaren, Porzellanteint und schwarzer Wollstola um die Schultern wirkt sie so, als wäre sie einem bürgerlichen Trauerspiel Strindbergs oder Ibsens entstiegen. Die 31-Jährige betrachtet die frisch aus dem Druck eingetroffene Plattenhülle. „Es müsste schwärzer sein“, urteilt sie nach Inspizierung des Covers, auf dem eine in Rot und Schwarz gehaltene, mumienhafte Fratze zu sehen ist. Abgründig. Willkommen in der Welt der Anna von Hausswolff!

eclipsed: Bist du ein Mensch, der zwischen Ruhe- und Arbeitsphasen unterscheidet oder sammelst du pausenlos Ideen für deine Musik?

Anna von Hausswolff: Ich habe auf jeden Fall einen starken Hang zum Sammeln. Es liegt in der Familie, mein Vater, der Musiker ist wie ich, ist auch so. Ständig zu arbeiten, hilft mir, meine Kreativität am Fließen zu halten. Selbst wenn ich mich überhaupt nicht kreativ fühle, will ich doch arbeiten. Aus diesem Grund habe ich mir angewöhnt, immer an mehreren Projekten gleichzeitig zu arbeiten. Ich bleibe im Fluss und kehre vielleicht später wieder zu etwas Angefangenem zurück und finde einen neuen Zugang. Inzwischen lerne ich aber auch, mal einen Schritt zurückzugehen, auszuruhen und zu akzeptieren, dass ich nicht ohne Unterlass etwas Neues lernen oder Großartiges produzieren muss. Es muss auch Zeiten geben, in denen ich passiv bin und einfach nur wahrnehme, ohne zu beurteilen, was ich gerade kreiere. Beides ist wichtig.

eclipsed: Du hast deinen Vater erwähnt, den Göteborger Experimentalmusiker Carl Michael von Hausswolff. Wie wichtig ist dir seine Meinung?

Hausswolff: Ich frage ihn oft um Rat. Besonders in Situationen, wenn ich mit der Musikindustrie zu tun habe, wenn bestimmte Konzepte an mich herangetragen werden, ich aber möglichst frei sein möchte. Da bin ich schon auf Widerstände gestoßen, das kann natürlich verunsichern. In solchen Fällen frage ich meinen Vater, was er davon hält. Was die künstlerische Seite meiner Arbeit angeht, ist es aber etwas anderes.

eclipsed: Inwiefern?

Hausswolff: Da frage ich eigentlich niemanden nach seiner Meinung. Wenn ich Songs schreibe, ist das etwas sehr Privates. Ich spiele sie erst anderen vor, wenn sie fertig sind. Ich befürchte, wenn ich sie früher zur Diskussion stelle, könnten sich kritische Stimmen zu sehr mit meiner eigenen vermischen. Das möchte ich nicht, denn normalerweise kann ich mich auf meine Vorstellungen verlassen, sie sind in der Regel ganz klar. Ich möchte die Ideen schnell in die Tat umsetzen und will keine Hindernisse auf dem Weg haben.

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