BLACK SABBATH - Paranoia, Himmel und Hölle

BLACK SABBATH - Paranoia, Himmel und Hölle

Vor fast genau 50 Jahren, am 18.September 1970 – dem Todestag von Jimi Hendrix – veröffentlichten Black Sabbath ihr zweites Album „Paranoid“. Nachdem sie mit ihrem Anfang 1970 herausgebrachten Debüt gewissermaßen den Heavy Metal aus der Taufe gehoben hatten, zementierten sie mit dem Nachfolger ihren dadurch gewonnenen Ruf und schufen Songs für die Ewigkeit. Ein knappes Jahrzehnt später erfand sich die Band nach dem einstweiligen Ausstieg Ozzy Osbournes mit dem neuen Sänger Ronnie James Dio und Produzent Martin Birch neu: Das 1980 erschienene Album „Heaven And Hell“ steht bis heute für hochklassigen Heavy Rock und sorgt noch immer für Glaubenskriege unter den Fans um die Frage, zu welchem Zeitpunkt der Sabbath-Stern am hellsten erstrahlte.

Ausgerechnet Ozzy Osbournes spätere Ehefrau Sharon, die Tochter des Black-Sabbath-Managers Don Arden, stellte 1979 in Los Angeles Ronnie James Dio und Tony Iommi einander vor. „Ich hatte, nachdem Ritchie Blackmore mich nicht mehr bei Rainbow haben wollte, mehrere Optionen, aber als ich auf Tony traf, war für mich klar, dass eine Band mit ihm der unmittelbar nächste Schritt sein könnte“, verriet der 2010 verstorbene Sangesgott dem Autor dieser Zeilen 1990 in einem Interview. Während Iommi und Dio begannen, Pläne für ihr gemeinsames Projekt zu schmieden, machte sich Sharon daran, Ozzy Osbourne vor dem völligen Absturz zu retten und brachte ihn zurück nach England. Angesichts des großen Erfolgs seines dort 1980 eingespielten Solodebüts „Blizzard Of Ozz“ erwies es sich für ihn rückblickend als richtige Entscheidung, dass er 1979 entnervt die Aufnahmen zum Album „Heaven And Hell“ abgebrochen hatte, da er genug hatte von Experimenten und zurückkehren wollte zum Sound von „Paranoid“.

Ein drastischer Antikriegssong und ein Drei-Minuten-Füller, die zu Klassikern wurden

Ursprünglich sollte das zweite Sabbath-Werk den Titel „War Pigs“ tragen, die damalige Plattenfirma drängte jedoch darauf, dass das aggressive Anti-Vietnamkriegs-Statement nicht auch noch auf dem Albumcover prangte. Dabei stand der Song in ähnlicher Weise für das politische und kulturelle Geschehen des Jahres 1970 wie „Child In Time“ von Deep Purple. Sollte man lediglich zwei Songs auswählen, die in besonderem Maße für dieses musikhistorisch so bedeutende wie vielfältige Jahr stehen, müssten es wohl diese beiden Stücke sein. Das dann zum Titeltrack erkorene „Paranoid“ war ein weiterer Übersong, der die Band in den Rock-Olymp aufsteigen ließ. Tatsächlich wurde dieser Single-Hit, der danach in keiner Sabbath- oder Ozzy-Live-Setlist mehr fehlen durfte, innerhalb kürzester Zeit geschrieben. „Wir brauchten einen Drei-Minuten-Füller und erschufen einen Monstersong“, erinnerte sich Drummer Bill Ward: „Ich weiß nicht mehr genau, ob überhaupt eine Stunde von Tonys ersten Riffs bis zur fertigen Aufnahme verging.“ Es musste schnell gehen in der damaligen Zeit. Das Prozedere erinnerte etwas an die Entstehungsgeschichte des Deep-Purple-Hits „Black Night“ von 1970: Tony Iommi hämmerte im Studio aus dem Nichts ein Riff, Bill Ward stieg donnernd ein, Ozzy Osbourne summte dazu eine Melodie, und Geezer Butler schrieb simultan den Text. 

Mann aus Eisen 

Der dritte Song-Monolith des Albums ist „Iron Man“. Ozzy ließ Tony Iommis Riff an einen „durch die Gegend laufenden großen Kerl aus Eisen“ denken. Ein Paradebeispiel für den typischen Osbourne-Songwriting-Anteil: Iommi legt los, Ozzy schreit „It sounds like a big iron bloke!“, schließlich schreibt Butler einen Text mit dem Titel „Iron Man“. Doch genau jene ungeplante Vorgehensweise machte die frühen Sabbath aus. Angesichts der Tatsache, dass die vier Musiker zum Zeitpunkt der wenige Tage dauernden Aufnahmen durchschnittlich 21 Jahre alt waren, erscheint das eher folgerichtig denn erstaunlich. Neben diesen drei überragenden Songs kam den übrigen Titeln durchaus nicht die Funktion von Füllmaterial zu: „Electric Funeral“, „Rat Salad“ und „Planet Caravan“ demonstrieren die stilistische Vielfalt der Band, „Hand Of Doom“ und vor allem „Fairies Wear Boots“ besitzen heute ebenfalls Klassikerstatus. 

Rockklassiker mit unterschiedlicher Erfolgsbilanz

Obwohl auch „Heaven And Hell“ ein großer kommerzieller Erfolg wurde, blieb die Band damit allerdings weit hinter den Verkaufszahlen von „Paranoid“ zurück: Knapp 2 Millionen standen gut 6 Millionen weltweit verkauften Tonträgern gegenüber. Dass die 6-Millionen-Marke durchaus noch erreichbar war, zeigte Ozzys im selben Jahr erschienenes „Blizzard Of Ozz“. Gleichwohl gelten alle drei Alben heute als Klassiker – gerade auch deshalb, weil die letzten beiden Sabbath-Werke der 70er, „Technical Ecstasy“ (1976) und „Never Say Die!“ (1978), sich nach der Meinung vieler weder durch musikalische Großartigkeit auszeichneten noch für Sabbath-Verhältnisse kommerziell besonders erfolgreich waren. Für Osbourne und seine bisherige Band war die Trennung 1979 somit eine Win-win-Situation. Dasselbe galt für die beiden vorherigen Rainbow-Musiker Bob Daisley und Ronnie James Dio, die 1978 die rote Blackmore-Karte gezeigt bekommen hatten und nun bei Ozzy Osbourne bzw. Black Sabbath mitmischen konnten.

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