BLIND GUARDIAN - Magie der Fantasie

24. August 2017

Blind Guardian

Während Sänger Hansi Kürsch im Studio mit Gesangsaufnahmen beschäftigt ist (und uns ganz nebenbei trotzdem eine Fantasy-Top-5-Liste mit an die Hand gibt), spricht Gitarrist André Olbrich mit uns über die logistischen Herausforderungen der Doppel-Live-CD „Live Beyond The Spheres“ und das lang erwartete Orchesteralbum. Darüber hinaus begibt er sich mit uns auf Spurensuche nach einem Genre namens Fantasy-Metal.

eclipsed: Ihr habt für „Live Beyond The Spheres“ einen unglaublichen Aufwand betrieben…

André Olbrich: Bereits während der Europatournee 2015 ließen wir dreißig Shows aufzeichnen. Dazu kam aber sicherlich noch mal die gleiche Anzahl an Konzerten, die wir im Anschluss weltweit aufgenommen haben. Bei einer durchschnittlichen Spiellänge von zweiweinhalb Stunden kann man sich vorstellen, wie aufwändig die Auswertung des Materials war. Aber allein von den Europatouraufnahmen haben wir zirka zehn Mitschnitte herausgefiltert, die man gleich so als hochwertige Bootlegs hätte veröffentlichen können. Nachdem jeder die einzelnen Konzerte wieder und wieder überprüft hatte, blieben bei dreißig Gigs von jeder Nummer etwa zwei bis drei Versionen übrig, die der gesamten Band albumwürdig erschienen. Im Anschluss musste dann die eine herausgefiltert werden, die uns am eindrucksvollsten erschien. Ich finde aber, dass sich der Aufwand gelohnt hat, denn es gibt nun jede Menge magische Momente.

eclipsed: Blind Guardian werden gemeinhin mit dem Stempel Fantasy-Metal bedacht. Ist das als Genrebezeichnung legitim?

Olbrich: Der Begriff „Fantasy“ ist aus musikalischer Sicht natürlich eher genreübergreifend zu sehen. Bei mir persönlich kommt dann natürlich noch hinzu, dass ich auch ein passionierter Zocker bin, der unheimlich viele Rollenspiele spielt. Und auch in diesem Bereich gibt es ja fantastische Soundtracks, die mit Metal zwar nicht unbedingt viel zu tun haben, aber mit Orchester und Chören auch sehr aufwändig produziert werden.

eclipsed: Wie hat sich bei euch die Symbiose aus Metal und Fantasy entwickelt?

Olbrich: Es war ja von Anfang an klar, dass sowohl Hansi als auch ich Tolkien mögen. Und ich war auch damals schon ein begeisterter Computerspieler, der vor allem von Rollenspielen wie „Bardʼs Tale“ fasziniert war. Wir wollten auf jeden Fall keine politischen Aussagen treffen, außerdem sollte die Musik bei uns immer wichtiger als die Texte sein. Die Fantasythematik an sich ist einerseits neutral genug, andererseits bietet sie natürlich auch genügend Spielraum, um zwischen den Zeilen Dinge anzusprechen. Hansi macht das immer sehr geschickt in seinen Texten, wie ich finde. Und auf diese unterschwellige Art regt er wesentlich eher zum Nachdenken an, als wenn man den Hörern so richtig plump vor den Kopf haut. Aber gerade bei unseren Fans muss man das auch gar nicht, denn die sind größtenteils schon hellwach.

Lest mehr im eclipsed Nr. 193 (09-2017).