„One Man Band since 1998. The nice guy with the great music. Still getting stronger...“, so bezeichnet sich Marcel Besner auf seiner Bandcamp-Site. Wie großartig die Musik wirklich ist und ob sie immer stärker wird, kann jeder selbst anhand der sechs dort bereitgestellten Alben überprüfen. eclipsed sprach mit dem Musiker, der sich selbst als großen Pink Floyd-Fan bezeichnet und schon mit fünf Jahren seine erste eigene Platte kaufte.
eclipsed: Du hast in den letzten Jahren bereits diverse Alben auf Bandcamp digital veröffentlicht. Wie kam es jetzt zur ersten physischen Veröffentlichung auf CD?
Marcel Besner: Das war eher Zufall. Die Underground-Äxpärten suchen ja immer neue Musik abseits des Mainstreams. Dabei sind sie auf meine Sachen bei Bandcamp gestoßen und haben mit mir Kontakt aufgenommen. Die haben dann Creamcheese auch in ihrer Online-Radio-Sendung gespielt. Irgendwann haben sie mich gefragt, ob ich nicht auch eine CD machen möchten. Sie würden da ein kleines Label kennen. Das war Clostridium. Der Andy von Clostridium fand meine Musik auch gut und hatte Lust, das rauszubringen.
eclipsed: Auf deiner Bandcamp-Site bezeichnest du dich als „One Man Band since 1998. The nice guy with the great music“. Bist du mit dem Status einer Ein-Mann-Band zufrieden? Würdest du auch mal gern in einer Band spielen?
Besner: Mitte der 90er Jahre habe ich in einer Band gespielt. Aber ich bin irgendwann an den Punkt gekommen, dass mich das tierisch genervt hat. Wir haben so viel Zeit mit Diskutieren verbracht. Über alles wurde ewig geredet. Da dachte ich mir: Musik kann ich auch alleine am Rechner machen. Das habe ich auch getan. Das war dann „undiskutierte Musik“. (lacht) Ich hatte einfach Lust darauf, für mich selbst Musik zu machen. Das hat mich auch davon abgehalten, vor der Glotze zu sitzen. Im Gegensatz zu den anderen in der Band hatte ich auch nicht den Traum, mit der Musik berühmt zu werden oder Geld zu verdienen. Die meiste Zeit bin ich glücklich mit dem Zustand. Manchmal denke ich, dass es jetzt ganz schön wäre, wenn ein Schlagzeuger dazu trommeln würde. Die Interaktion mit anderen Musikern ist schon inspirierend. Aber ich arbeite schon so lange allein, da weiß ich gar nicht, ob ich überhaupt noch zur Interaktion fähig bin.
eclipsed: Nun ist also deine erste CD draußen. Wie fühlt sich das an?
Besner: Das ist megacool. Ich bin da schon stolz drauf. Wenn ich dann z.B. die tolle Kritik im eclipsed lese, bin ich spontan fünf Zentimeter größer. Auch dass auf dem Cover ein Bild von Helmut Wenske [Anm.: Helmut Wenske gestaltete Plattencover u.a. für Jimi Hendrix, Tina Turner und Nektar] ist, macht mich stolz. Den kriegt ja auch nicht jeder aufs Cover.
eclipsed: Wird es vielleicht auch die älteren Alben irgendwann auf CD geben?
Besner: Es wird wohl in absehbarer Zeit etwas Neues geben. Aber ich bin da etwas verhalten. Da ist bei mir schon die Frage, ob ich so etwas noch ein zweites Mal hinkriege. „Abflug“ ist zwar kein „Best-Of“, aber es versammelt doch die Schmankerl der älteren Veröffentlichungen. Bis auf den Song „Chimera“ gab es die Stücke schon auf den älteren Alben. Die Songs sind in einem Zeitraum von ungefähr zehn Jahren entstanden.
eclipsed: Wie bei vielen alten und neuen Krautrockern haben deine Songs etwas absurde Namen. Fühlst du da eine Verbundenheit zum Krautrock?
Besner: Das ist zweischichtig. Natürlich bin ich auch mit dem Krautrock großgeworden, mit Kraftwerk, Frumpy und anderen. Aber absurde Namen gibt es überall. Nimm „Cat In Clark’s Shoes“ von Gong. Oder viele Titel von Frank Zappa. Ich kann mich oft über irgendwelche spontanen, absurden Formulierungen beömmeln. Wenn ich eine Idee habe und die aufnehmen möchte, dann brauche ich einen Namen, um die Aufnahme abzuspeichern. Der Name ist also bei mir nur ein Identifier. Ich könnte die Stücke auch durchnummerieren. Aber ich nehme einfach etwas, was mir gerade einfällt, zum Beispiel „Schweineschweiss“. An dem Tag war es heiß. Ich habe geschwitzt wie ein Schwein und da habe ich mich gefragt, ob Schweine überhaupt schwitzen können. Und schon hatte ich den Titel.
eclipsed: Mit welcher Musik bist du groß geworden?
Besner: Meine beiden Eltern sind Jahrgang 1953. Mein Vater ist ein großer Rockfan, vor allem ein Pink Floyd-Fan. Pink Floyd, die Beatles, aber auch Frumpy, Lake oder Deep Purple gehörten quasi zu meiner frühkindlichen Prägung. Mein Vater hat deren Alben immer aufgelegt, wenn er von der Schicht nach Hause gekommen ist. Von meinem Onkel habe ich immer seine alten Platten bekommen, wenn die verkratzt waren. So habe ich schon früh das rote und das blaue Album der Beatles besessen. Oder auch „Autobahn“ von Kraftwerk und „Foxtrott“ von Genesis. Als ich fünf Jahre alt war, habe ich von meinem gesparten Taschengeld meine erste eigene LP gekauft. Ich bin mit meiner Mutter in den Schallplattenladen gegangen und habe mir Pink Floyds „Wish You Were Here“ gekauft. Ich bin ein großer Pink Floyd-Fan. Das hört man meiner Musik wohl auch an. Ich habe jedes ihrer Alben bestimmt 500-mal gehört. David Gilmour ist ein großes Vorbild für mich. Er war der Grund, warum ich mir später überhaupt eine Gitarre gekauft habe. Es musste natürlich eine Stratocaster sein.
eclipsed: Woher stammt der Name Creamcheese? Hast du deine Ein-Mann-Band nach dem legendären Club in Düsseldorf benannt? Oder nach der Kunstfigur Suzy Creamcheese, die auf einigen Frank Zappa-Alben auftaucht?
Besner: Der Name Creamcheese ist ganz klar eine Verneigung vor Frank Zappa. Ich mag besonders seine Phase von 1972 bis 1976/77. Die Alben mit Jean-Luc Ponty an der Violine und Chester Thompson an den Drums sind schon toll.
***Interview: Bernd Sievers