Auch 24 Jahre nach seinem unrühmlichen Rauswurf bei den Eagles muss Ausnahme-Gitarrist Don Felder immer noch Fragen zu „Hotel California“ und seinen Ex-Kollegen beantworten. Das tut er sogar richtig gerne – genau wie Auskunft über sein Archiv, seine Solo-Aktivitäten sowie seine Gefühlswelt zu erteilen. Schließlich ist alles gleichermaßen Fluch wie Segen – Yin und Yang. eclipsed hat den 77-Jährigen in Los Angeles getroffen.
eclipsed: Dein neues Werk „The Vault“ enthält unveröffentlichtes Archiv-Material der letzten 50 Jahre – machst du uns den Neil Young? Ist das der Auftakt zu einer Serie an angestaubten Schätzen?
Don Felder: So weit wird es nicht kommen. (lacht) Es ist einfach Folgendes passiert: Ich habe 29 Jahre in Malibu gewohnt, und nach dem fünften Waldbrand, bei dem alle Häuser um mich herum abgebrannt sind, sagte ich mir: „Ich muss hier raus.“ Also habe ich mein Studio ausgeräumt und alle Bänder, die dort herumlagen, in eine Kiste geworfen und eingelagert. Als ich dann ein Haus in Beverly Hills gefunden hatte, habe ich mir das Tonmaterial aus dem Lagerraum vorgenommen. Es waren Demos aus der Eagles-Zeit; Sachen, die ich alleine aufgenommen habe und die vom Klang her ziemlich rau und ungeschliffen waren. Aber sie enthielten so viele tolle Ideen, dass ich einige davon genommen und in richtige Songs verwandelt habe. Denn das Meiste waren Musikbetten ohne Texte und ohne Melodien. Davon habe ich hunderte – weil es das war, was Don Henley und Glenn Frey von mir wollten. Sie hatten kein Interesse an fertigen Songs. Ich sollte ihnen nur zuliefern. Das habe ich getan.
eclipsed: Wie bei „Hotel California“?
Felder: Für das Album habe ich 16 oder 17 Demos geliefert. Eines davon ist „Hotel California“ geworden, ein anderes „Victim Of Love“. Der Rest ist im Archiv verschwunden – und genau so war es bei „The Long Run.“ Deshalb sitze ich auf einem Berg an unveröffentlichtem Material. Der erste Song auf diesem Album ist auch der älteste: „Move On“. Als ich damals zur Band stieß, suchten sie einen Slide-Gitarristen. Und ich habe versucht, einen Song auf der Slide-Gitarre zu schreiben. Ich hatte kein Schlagzeug – nur einen billigen, alten Vier-Spur-Recorder. Ich habe der Gitarre ein bisschen Bass und einen rudimentären Beat hinzugefügt, indem ich auf einem Karton herumgetrommelt habe. Das zu hören, war der Wahnsinn. Ich habe etliche dieser Demos genommen und zu neuen Songs vervollständigt. „Move On“ sollte – so wollte es Henley – erst „Slide On“ heißen. Doch als ich nun Worte dazu verfasst habe, entschied ich mich für „Move On“. Es handelt von einem Paar, das dabei ist, sich zu trennen.
eclipsed: Dann sind diese elf Stücke nur die Spitze des Eisbergs?
Felder: Ganz genau. Und ich bezweifle, dass ich sie alle ausarbeiten werde, weil ich allein für den ersten Schwung vier oder fünf Jahre gebraucht habe. Nicht, weil ich so langsam wäre, sondern weil ich so viel um die Ohren habe: Ich bin ständig auf Tour und habe vielleicht eine Woche pro Monat Zeit, um mit befreundeten Musikern daran zu arbeiten – mit meinem Kumpel Nathan East am Bass, Chad Cromwell an den Drums oder Steve Lukather an der Gitarre. Tour und habe vielleicht eine Woche pro Monat Zeit, um mit befreundeten Musikern daran zu arbeiten – mit meinem Kumpel Nathan East am Bass, Chad Cromwell an den Drums oder Steve Lukather an der Gitarre.