LUCIFER’S FRIEND - Das Heavy-Rock-Experiment

23. September 2015

Lucifer´s Friend

Mega-Stars waren sie nie. Doch werden Lucifer’s Friend in Insider-Kreisen seit ihrer Gründung 1970 als nationale Mitbegründer von progressivem Hard Rock anerkannt. Vor allem ihre ersten fünf Alben, erschienen zwischen 1970 und 1976, wurden ob ihres Abwechslungsreichtums von der Heavy-Fraktion sehr geschätzt. Nach der fünften Platte, „Mind Exploding”, wechselte der charismatische Sänger John Lawton dann zu Uriah Heep und machte den Platz für Frontmann Mike Starrs frei. 1981 kehrte Lawton allerdings für ein letztes Werk, „Mean Machine”, zu den „teuflischen Freunden” zurück. Danach war Schluss.

1994 gab es lediglich noch eine kurze, aber erfolglose Reunion für das Album „Sumo Grip”. 21 Jahre nach ihrer Auflösung haben sich nun der inzwischen 69-jährige Brite Lawton aus dem englischen Halifax und die beiden weiteren Gründungsmitglieder Peter Hesslein an der Gitarre und Dieter Horns am Bass wiedervereinigt. Einen neuen Tonträger gibt es auch, „Awakening” betitelt. Darauf zu finden sind zehn digital bearbeitete Titel, die einen Querschnitt aus den Alben mit Lawton als Sänger bilden, sowie auch vier neue Songs. John Lawton, der mittlerweile in London zu Hause ist, aber immer noch blendend Deutsch spricht, ist sehr glücklich über die neuerliche Reunion.

eclipsed: Wie kam es zur Reunion der Kult-Band Lucifer’s Friend?

John Lawton: Das ist eine kuriose Geschichte: Ich hatte dafür letztes Jahr ein Angebot aus den USA bekommen, weil ausgerechnet Skateboard- und Surfer-Typen sowie einige Firmen, die Artikel für diese Sportarten vertreiben, Titel unseres Debütalbums für ihre Videos benutzt haben. Dadurch kam es zur Anfrage eines amerikanischen Konzertveranstalters, ob wir uns vorstellen könnten, wieder zusammenzukommen, mit möglichst vielen Mitgliedern der Originalbesetzung. Da Peter Hesslein, Dieter Horns und ich immer in relativ regelmäßigem Kontakt geblieben waren, gab ich diese Anfrage weiter. Peter und Dieter hatten Lust darauf. Doch als ich grünes Licht signalisierte, stand jenes Angebot nicht mehr. Dafür hat Veranstalter Johannes Lindström vom „Sweden Rock”-Festival Wind von der Sache bekommen und uns auf der Stelle gebucht. Wir sagten zu. So kam alles ins Rollen.

eclipsed: Und wie entstanden die vier neuen Songs auf „Awakening”?

Lawton: Peter, Dieter und ich wollten gerne für unseren Festival-Auftritt ein paar brandaktuelle Songs im Programm haben. Also hat mir Hesslein ein knappes Dutzend Ideen zum Anhören geschickt. Von denen habe ich drei ausgesucht, die ich unbedingt singen wollte. Horns hat mir ebenfalls einige Tracks rübergejagt. Davon ist letztlich einer hängengeblieben. Als wir uns bei der Auswahl einig waren, haben die beiden Jungs ihre Instrumentalparts in Hamburg aufgenommen und mir zukommen lassen. Die habe ich im Anschluss durch meinen Gesang in einem Studio in London ergänzt. Das hat alles viel Spaß gebracht.

eclipsed: Könnt ihr euch vorstellen, eine Platte mit komplett neuen Stücken einzuspielen?

Lawton: Vorstellen können sich das alle Beteiligten. Peter schreibt bereits fleißig an weiterem Material. Aber er leidet unter einer schweren Arthritis. Das ist für einen Gitarristen natürlich fatal. Bisher gibt es noch keinen Termin, wann er sich – wenn überhaupt – unters Messer legen will. Doch ansonsten ist der alte Kampfgeist neu entfacht.

eclipsed: Was ist der Unterschied zwischen der Kooperation von Lucifer’s Friend vor 40 Jahren und heute?

Lawton: Wir sind älter geworden, aber das ist der natürliche Lauf der Dinge, dem entkommen selbst Haudegen wie wir nicht (lacht). Ansonsten unterhalten wir uns heute mehr über Medikamente, die wir einwerfen müssen, als über neue Instrumente. Dennoch hat sich an unserem lässigen Zusammengehörigkeitsgefühl absolut nichts verändert.

eclipsed: Die erste der beiden CDs von „Awakening” ist eine Art Best-of-Kompilation. Wie stehst du zu den alten Liedern, wenn du sie heute hörst?

Lawton: Ich bin, ganz ehrlich, nach wie vor begeistert davon! Selbst wenn wir nicht so wahnsinnig viele Platten im Laufe unserer Karriere verkauft haben mögen: Die Dinger sind Kult und klingen zeitlos. Damit brauchen wir uns auch vor den Songs unserer damaligen Hauptkonkurrenten, den Scorpions, nicht verstecken. Legende bleibt Legende.

eclipsed: Seht ihr euch selbst als „deutsche Heavy-Rock-Pioniere”, wie man euch oft nachgesagt hat?

Lawton: Dazu muss erwähnt werden, dass unsere Scheiben durch die Bank auf dem Sockel des Heavy Rock basierten. Aber das war es auch schon mit diesem Genre. Unser Hauptanspruch war, dass jedes unserer Alben einem unterschiedlichen musikalischen Genre gerecht werden sollte. Wir haben im Rahmen unserer Möglichkeiten wirklich heftig experimentiert. Das ging von Pop über Prog und sogar leichten Jazz-Anleihen bis hin zu moderner Klassik. Echt erstaunlich, womit wir uns alles intensiv beschäftigt haben.

eclipsed: Das Interesse an Lucifer’s Friend scheint wieder mächtig zu steigen. Peu à peu erscheinen eure alten Platten digital remastered beim renommierten „Repertoire”-Label neu. Woraus resultiert dieses Interesse deiner Ansicht nach?

Lawton: Bei den älteren Fans spielt garantiert eine große Portion Nostalgie die entscheidende Rolle. Lucifer’s Friend waren schließlich nie Super-Stars, dafür aber immer ein heißer Geheimtipp. Was uns künstlerisch half, denn dadurch besaßen wir jegliche künstlerische Freiheit beim Komponieren und Aufnehmen. Die nächste Generation unserer Anhänger hat dann, zumindest hoffe ich das, den großen Abwechslungsreichtum unseres Sounds aus den 70ern erkannt und zu schätzen gelernt. Jedenfalls rede ich mir das ein (lacht).

eclipsed: Wie geht es weiter mit Lucifer’s Friend?

Lawton: Vermutlich erscheint in absehbarer Zeit eine CD und eine DVD von unserem Auftritt beim „Sweden Rock”-Festival. Wir haben das Ding komplett auf 24-Multitrack und mit gleich fünf HD-Kameras mitgeschnitten. Wir sind gerade beim Auswerten. Insgesamt kann ich nur verkünden, dass wir große Lust haben, wieder etwas miteinander auszuhecken. Jetzt müssen wir alten Knaben nur unsere gesundheitlichen Zipperlein in den Griff bekommen. Wenn uns das gelingt, wird alles gut.

Interview: Michael Fuchs-Gamböck

Mehr Informationen:
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