Viel ist über „Come Ahead“, das neue Album der schottischen Band Primal Scream, geschrieben und gesagt worden, und lange ist keine Neuerscheinung des Rock mehr so unterschiedlich bewertet worden. Die Interpretationen reichten vom katastrophalen Einbruch bis zur furiosen Apotheose. Ist das nun gut oder schlecht? Was sagt das über jene Band aus, die seit 1982 mehr als einen Skandal auslöste? Und erzählt uns das vielleicht auch etwas über unsere Gesellschaft und den gegenwärtigen Stellenwert von Musik? Von der Urbesetzung von Primal Scream ist nur noch Sänger Bobby Gillespie übrig. Gitarrist Andrew Innes stieß immerhin vor 37 Jahren hinzu. Seitdem ist Diskontinuität das kontinuierliche Markenzeichen der Band aus Glasgow.
Nach eher chaotischen Anfängen auf den ersten beiden Platten gelang Gillespie & Co. 1991 mit dem psychedelischen Dance-Album „Screamadelica“ der große Wurf, an dessen aufgepeitschter Lässigkeit sich noch heute viele Bands orientieren. Doch wer nun erwartete, dass die Band dieselbe Gangart weiterverfolgen würde, sah sich getäuscht. Drei Jahre später erfolgte mit „Give Out, But Don’t Give Up“ eine überraschende Kehrtwende, die eher an „Exile On Main Street“ von den Stones erinnerte. Eine stilistisch homogene Trilogie legte die Band zwischen 1997 und 2002 mit den Big-Beat-Alben „Vanishing Point“, „XTRMNTR“ und „Evil Heat“ hin, die lediglich durch das Dub-Statement „Echo Dek“ unterbrochen wurde. Ein wichtiger Impulsgeber war in dieser Zeit Kevin Shields von My Bloody Valentine. Mit der weitgehend akustisch eingespielten Folk- und Country-Platte „Riot City Blues“ vollzogen die Schotten dann 2006 einen erneuten U-Turn, der abermals eine starke Obsession für die Rolling Stones erkennen ließ, ...