ROBERT PLANT - Der weiße Komantsche

25. Oktober 2017

Robert Plant Led Zeppelin

Primrose Hill zwischen Camden und Regent’s Park ist eine bevorzugte Londoner Wohngegend, gerade unter Schauspielern und Musikern. Robert Plant, so verrät er in seinem Lieblingspub Princess Of Wales, habe hier schon seit Jahren ein „nettes Häuschen“, das er allerdings nur gelegentlich nutze, wenn er eben mal in der Hauptstadt vorbeischaue. Ansonsten lebe er auf dem Land, nahe der walisischen Grenze. Und bis vor Kurzem auch noch im texanischen Austin. Doch seit der Trennung von US-Singer-Songwriterin Patty Griffin Ende vergangenen Jahres habe er den Staaten ein für alle Mal den Rücken gekehrt. Was eines der Hauptthemen auf „Carry Fire“ ist. Genau wie seine persönliche Sicht auf die USA unter Trump und die Welt im Jahr 2017. Da hegt er wenig Sympathie und noch weniger Verständnis. Obwohl er das in seinen Texten deutlich zum Ausdruck bringt, will Plant seine Ansichten nicht weiter erörtern. Was ihn zu einem anstrengenden, bisweilen verstockten Gesprächspartner macht. Einem, der prinzipiell nicht über die Vergangenheit reden will, aber eben auch nicht über die Gegenwart. Dafür über Dinge, die dezent abgedreht erscheinen.

eclipsed: Laut den Liner Notes des neuen Albums wurde „Carry Fire“ von einem Dorf in Herefordshire, einem walisischen Gedicht, Starkbier, einem Tipihotel in Texas und einem mittelalterlichen Jahrmarkt inspiriert. Inwiefern?

Robert Plant: (lacht) Das sind Stationen meiner Reisen, die ich in den letzten Jahren unternommen habe, und Dinge, die ich dabei kennengelernt habe. Wie die weißblättrige Eiche auf der Grenze zwischen Hereford, Gloucester und Worcester, die einen Durchmesser von fast zwei Metern hat und in grauer Vorzeit das Zentrum eines riesigen Energiefelds bildete. Außerdem war es die Basis der ewigen Chöre, die unablässig sangen. Sie folgten den Linien, die von der Eiche ausgingen, kosmischen Kraftlinien. Julian Cope hat ein paar sehr gute Abhandlungen darüber geschrieben, wie die Chöre alle zwei Stunden einen Punkt erreichten, an dem sie von einem anderen Chor abgelöst wurden und der dann von dort weitermarschierte und weitersang, sodass der Gesang nie unterbrochen wurde. Das ist eine irre Sache. Und ich erwähne sie, weil das der Ursprung der Zivilisation in Großbritannien ist. Die Menschen haben sich an diesen Punkten niedergelassen und ein Netz aus Siedlungen und Wegen errichtet. Das ist heute komplett in Vergessenheit geraten. Aber es gab mal eine sehr, sehr starke Bindung zwischen Mensch und Natur. Und deshalb dachte ich, dass es nett sei, das auf der Rückseite eines Plattencovers im Jahr 2017 zu erwähnen.

eclipsed: Wie vertraut bist du mit dem Werk von Julian Cope? Zum Beispiel mit seinem Buch „The Modern Antiquarian“ über Stätten der Jungsteinzeit?

Plant: Das ist ein faszinierendes Buch, einfach wegen seiner Detailverliebtheit. Er zeigt diese Portale, diese Fenster der Zeit mit einer Klarheit, die nur wenige Menschen besitzen. Er sorgt dafür, dass wir ein neues Bewusstsein für unser Dasein erlangen. Wenn du heute zum Beispiel zu Fuß vom Flughafen nach Primrose Hill gelaufen wärst, hättest du wahrscheinlich einige der prachtvollen geheimen Brunnen entdeckt, oder die keltischen Teile Londons. Vielleicht hättest du auch den Fluss Fleet überquert, der auf drei Kilometern unterirdisch verläuft. Da ist so viel Schönheit. Ich schätze mich glücklich, dass ich zwischen meinem Dasein als Medienhure und Musiker genug Zeit habe, in diesen Sachen herumzustochern. Wobei Julian Cope der Meister ist und ich der Messdiener.

Lest mehr im eclipsed Nr. 195 (11-2017).