TEARS FOR FEARS - Zwei launische, alte Bastarde mit Durchhaltevermögen

14. März 2022

Tears For Fears

TEARS FOR FEARS - Zwei launische, alte Bastarde mit Durchhaltevermögen

Kaum zu glauben, aber wahr: Bereits 18 Jahre ist es her, dass „Everybody Loves A Happy Ending“ erschien, das letzte Studioalbum von Roland Orzabal und Curt Smith, besser bekannt als Tears For Fears. Nachdem Orzabal aufgrund der Krankheit und des Todes seiner Frau zuletzt eine schwierige Zeit durchmachen musste, wagt das Duo mit „The Tipping Point“ einen Neuanfang – einem Werk, das wie schon frühere Alben auch der Traumabewältigung dient. eclipsed traf die beiden zum Exklusivinterview in London.

Perfektionismus ist eine Tugend, aber sie kann das Leben auch verdammt schwer machen. Wie im Fall der beiden weißhaarigen 60-Jährigen aus dem britischen Bath, die es auch wegen ihres musikalischen Anspruchs und ihrer Detailverliebtheit in 41 Jahren auf gerade mal fünf Alben gebracht haben (zuzüglich zwei, die Orzabal ohne Smith aufnahm), dabei Unsummen in Studioproduktionen, Videos und Bühnenshows investierten und nach ihrer Trennung Anfang der 1990er jahrelang nicht miteinander sprachen. Bis heute stellen sie ihre Herangehensweise nicht grundsätzlich infrage, ein bisschen zügiger hätten die Dinge im Nachhinein aber auch für sie vorangehen können – gerade was das neue Werk „The Tipping Point“ angeht, das einmal mehr eine schwere Geburt war. 

eclipsed: Warum hat man so lange nichts von euch gehört?

Roland Orzabal: Dafür gibt es eine Menge Gründe. Etwa dass das letzte Album, das sehr beatlesmäßig war, nicht so gut gelaufen ist und wir uns infolgedessen mehr auf unsere Familien und Kinder konzentriert haben. Wir waren also richtige Daddys, die nur noch gelegentlich auf Tour gegangen sind. Das hat sich über die Jahre zu unserer Haupteinnahmequelle entwickelt. 

Curt Smith: Bis wir an den Punkt kamen, an dem wir dachten: „Wäre es nicht toll, wieder neues Material zu schreiben, nachdem wir schon so lange die alten Sachen wiederholt haben?“ Doch unser damaliges Management wollte, dass wir weiter tourten, statt ein neues Album anzugehen. Einfach, weil sie auf diese Weise mehr an uns verdient haben – aber auch, weil es leichter ist, eine Band zu betreuen, die nur ihren Backkatalog verwaltet. Aus irgendeinem Grund haben wir uns immer wieder überreden lassen, da mitzuspielen – bis wir vor acht Jahren angefangen haben, neue Songs zu schreiben. 

eclipsed: Was zunächst ein ziemlicher Reinfall war. Warum habt ihr euch auf die Schnapsidee eingelassen, ein zeitgenössisches Popalbum mit angesagten Produzenten und Songwritern anzugehen?

Orzabal: Das kam ebenfalls vom Management. Und obwohl wir davon wenig begeistert waren, haben wir es zumindest versucht. Gleichzeitig war da dieser schale Beigeschmack, dass man uns offenbar nicht zutraute, dass wir das auch allein hinkriegten, was ziemlich frustrierend war. Na ja, irgendwann hat Curt dann auf den Punkt gebracht, was wir beide dachten. Nämlich: „Das ist alles Murks – wir haben zehn Stücke, die wie ‚Mothers Talk‘ klingen, aber nichts wirklich Neues und Aufregendes. Damit will ich nichts zu tun haben.“ Dann ist er für ein paar Monate ausgestiegen. (lacht) Irgendwann haben wir uns schließlich zum Mittagessen verabredet, alles durchgesprochen und uns entschieden, es wie früher anzugehen: nur wir beide mit akustischen Gitarren. Und das war der Schlüssel zum neuen Album: Songs mit Dynamik, mit Höhen und Tiefen und vor allem mit richtigen Geschichten – nicht mit belanglosem Mist.

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