Edensong erfreuten zuletzt 2016 mit ihrem Album „Years In The Garden Of Years“ die Prog-Gemeinde. Neun Jahre hat es gedauert bis zum Nachfolger „Our Road To Dust“. Neben Corona und familiären Herausforderungen waren Personalien für die Hängepartie verantwortlich: Man musste den Weggang des Keyboarders Stefan Paolini verarbeiten und einen neuen Drummer finden. Wie die New Yorker das angestellt haben, und was es für sie bedeutete, schildern sie im folgenden Interview, in dem man auch so einiges über die Band-Chemie erfahren kann und wie die Musiker ticken.
eclipsed: Euer letztes Album wurde vor neun Jahren veröffentlicht – eine ziemlich lange Zeit. Warum hat es so lange gedauert bis zur aktuellen Platte, und was ist in der Zwischenzeit passiert?
James Byron Schoen (JBS): Historisch gesehen ist das nicht ungewöhnlich für ein Edensong-Album. Allerdings hatten wir uns vorgenommen, ein Album zu machen, das sich für uns „überschaubarer“ anfühlt. Wir wollten es innerhalb von ein oder zwei Jahren fertigstellen. Das hatten wir das letzte Mal ja auch mit „Years In The Garden Of Years“ gemacht, und es war kreativ sehr anstrengend, auch wenn wir mit dem Ergebnis sehr zufrieden waren. Bei „Our Road To Dust“ war es dann aber einfach so, dass das Leben der Musik in die Quere kam! Andere Aspekte unseres Lebens verlangten mehr von unserer Aufmerksamkeit. Die meisten von uns haben kleine Kinder. Jeder von uns hatte mit seinen eigenen Problemen zu kämpfen, seien sie persönlicher, finanzieller oder familiärer Art. Außerdem hatten wir alle während der Aufnahmen zu diesem Album mit einer weltweiten Pandemie zu kämpfen, was unseren Fortschritt zusätzlich behinderte. Für mich persönlich bedeutete die Pandemie, dass ich mich beruflich komplett umorientieren und neu anfangen musste, was mich sehr von der Band abhielt. Ich bin aber dankbar, dass ich nun wieder zurück bin, und wir freuen uns auf dieses nächste Kapitel. Ich glaube nicht, dass es beim nächsten Mal wieder so lange dauern wird.
eclipsed: Wann habt ihr euren Keyboarder verloren, und warum hat er euch verlassen? Habt ihr euch nach einem Ersatz umgesehen, oder habt ihr sofort beschlossen, ohne festen Keyboarder weiterzumachen?
TD Towers (TDT): Wir haben ihn nicht verloren! Wir wissen genau, wo er ist! Stefan Paolini bleibt ein unglaublich lieber Freund und eine Inspiration. Obwohl er sich seit seinem Ausscheiden nicht mehr direkt an der Gruppe beteiligt, hatten wir endlose „Was würde Stefan tun?“-Momente, in denen wir uns vorstellten, wie er ein Problem angehen würde. Wir denken tatsächlich immer noch viel darüber nach, wie er unsere aktuelle Arbeit gestalten würde. Stefan hat sich seit seiner Zeit bei Edensong als Musiker enorm weiterentwickelt, und ich denke, er wusste, dass er sein Spiel in einem Prog-Kontext nur bis zu einem gewissen Grad fortentwickeln konnte. Wir wussten aber mit Sicherheit, dass wir keinen Ersatz für einen Keyboarder suchen würden. Edensong ist in seinem Kern eine Rockband. Es gibt bestimmte Instrumente, ohne die man da nicht leben kann: Schlagzeug, Bass, Gitarre, Gesang. Wir fügen oft weitere Instrumente hinzu, aber wenn Barry (unser Flötist) jemals eine Auszeit von der Gruppe nehmen müsste, wäre dies das Ende der Flöte bei Edensong, bis er zurückkehren könnte. Doch wenn ich eine Auszeit vom Bassspielen bei Edensong nehmen würde, müsste jemand anderes einspringen. Das liegt daran, dass Edensong keine Rockband mit Flöte ist. Es ist eine Rockband, in der Barry Seroff ein Kernmitglied ist, und er spielt zufällig Flöte.
eclipsed: Inzwischen habt ihr auch einen neuen Drummer an Bord. Kannst du uns mehr über ihn erzählen? Was ist mit dem vorherigen Schlagzeuger passiert, und wie habt ihr den neuen gefunden?
TDT: Tony Waldman als „den vorherigen Schlagzeuger“ von Edensong zu bezeichnen, kommt mir irgendwie komisch vor. Er war so viel mehr als das! Tony hat einen absolut gigantischen Teil von „Years In The Garden Of Years“ komponiert, hat auf dem ganzen Album gesungen, Schlagzeug gespielt und war in jeder Hinsicht der wichtigste Cheerleader und das soziale Bindeglied der Band. Wenn du mich fragst, war Tony technisch gesehen der beste Sänger, der jemals bei Edensong gesungen hat. Tony ist heute ein weltweit bekannter und respektierter Synchronsprecher und hat einen enormen Einfluss auf die Anime-Subkultur, da er einen großen Teil seiner prägenden Jahre in Japan verbracht hat. Dies wäre nicht möglich gewesen, wenn er bei Edensong geblieben wäre. Seine Aufgabe in dieser Welt ist es, Dinge zu tun, die wirklich unmöglich erscheinen, aber das Einzige, was er wirklich unmöglich findet, das ist, etwas aufrechtzuerhalten, was er nicht „bis zum Ende“ tun kann. Tony, James und ich waren beste Freunde, seit wir kleine Kinder waren, deshalb war es härter, ihn zu verlieren, als man sich vorstellen kann. Und deshalb ist es auch so unglaublich toll, dass der Schlagzeuger, der ihn ersetzt hat, Nicholas DiGregorio, nicht nur ein weiterer Freund aus der Kindheit ist, sondern auch der Schlagzeuger, der Tony dazu inspirierte, die Sticks überhaupt erst in die Hand zu nehmen. Nick war eine absolute Legende in unserer Schule, und einige meiner frühesten Erinnerungen daran, dass ich Musiker werden wollte, sind die, dass ich Nick dabei zusah, wie er mit einem Paar Drahtbürsten auf dem Schlagzeug schredderte. In meinem musikalischen Leben außerhalb von Edensong, als Frontmann und Produzent, habe ich das Gefühl, dass meine Herangehensweise an das Produzieren der Drums immer von diesen frühen Momenten beeinflusst wurde, in denen ich Nick beim Spielen zusah. Damit will ich sagen, dass Nick nicht nur der geeignetste Drummer für Edensong ist, sondern im wahrsten Sinne des Wortes unser Traumschlagzeuger. Wenn er nicht auf den Plan getreten und ins kalte Wasser gesprungen wäre, wären Edensong wohl zusammengebrochen.
Das komplette XXL-Interview ist Teil unseres Online-Abos, siehe https://www.eclipsed.de/de/abo