DAVID GILMOUR - Der Meister der Gitarrensoli wird 70

17. Februar 2016

David Gilmour Pink Floyd

Das Licht geht aus, das Knistern der Spannung, der Vorfreude lädt die Luft elektrisch auf. Wenn dann im schummrigen Licht der fast 70-Jährige kaum erkennbar langsam die Bühne betritt, entladen sich die Emotionen. Mit jedem Schritt von David Gilmour geht auch ein Stück Musikgeschichte auf die Bühne. Dem Publikum ist seine ein knappes halbes Jahrhundert währende Karriere bewusst. Der Mann hat Ausstrahlung, eine Aura, die sich breitmacht, bevor er auch nur einen Ton gespielt oder ein Wort gesungen hat. Wo auch immer Gilmour während seiner im vergangenen Jahr begonnenen Tournee gespielt hat oder im Sommer 2016 noch spielen wird, stets gab oder gibt es denselben Empfang.

Wie kein anderer Gitarrist der Rockgeschichte ist er für seine Soli berühmt. Gewiss ist er kein technischer Virtuose, kein Gitarrenhexer, der zwanzig Noten in drei Sekunden spielen kann. Auch hat er kein von aller Welt auf der Luftgitarre geschrubbtes Riff à la „Smoke On The Water“ hervorgebracht. Nie hat er in einem Konzerten sein Instrument zerstört, sich die Arme verrenkt, mit der Zunge die Saiten angerissen oder sich auf andere extrovertierte Weise zur Schau gestellt. Er steht einfach da, mit Jeans und T-Shirt, bewegt sich kaum, spielt einfach Gitarre, in sich versunken. Gerade diese äußere Unscheinbarkeit ist Teil seines Images und lenkt die Aufmerksamkeit auf die Musik. Dem „Spiegel“ gegenüber antwortete er noch kürzlich auf die Frage, wo er denn beim Gitarrespielen sei, mit den Worten: „Verloren in diesem Moment, dem kommenden Akkord folgend […] in der Hoffnung, an einen Ort vor der nächsten Note zu kommen […]Ich will den kommenden Ton vorausahnen und ihm folgen, um das Solo in die Richtung zu führen […] Ich bin an einem Ort, wo ich mein bewusstes Denken fahren lasse, um mit dem Unterbewussten zu schwimmen und einer Melodie zu erlauben, aus meinen Fingern zu kommen.“

1954, im Alter von acht Jahren, kauft er sich seine erste Single, Bill Haleys „Rock Around The Clock“. Seine erste Gitarre borgt er sich von einem Nachbarn, der sie nie zurückbekommt. 1962 besucht er das Cambridge Technical College, wo er auf Syd Barrett trifft und mit ihm zusammen das Gitarrespielen übt. Einen Abschluss am College gelingt Gilmour nicht, wohl aber lernt er dort, fließend Französisch zu sprechen. Er gehört den kurzlebigen Bluesbands Jokers Wild (u. a. mit dem späteren Floyd-Gastsaxofonisten Dick Parry), Flowers und Bullit an. Mit Barrett tingelt er 1965 die Côte d’Azur entlang. Während Pink Floyd essenzieller Bestandteil des Londoner Psychedelic und des Summer of Love werden, befindet sich Gilmour weitab in Frankreich, wo er als Studiomusiker auf zwei Songs des Soundtracks zum Film „Zwei Wochen im September“ (mit Brigitte Bardot) singt. Er hat zu diesem Zeitpunkt keinerlei Berührungspunkte mit den psychedelischen Verrücktheiten. Vielmehr fühlt er sich zum Rhythm’n’Blues hingezogen. Was ihn schließlich – als er Barrett bei Pink Floyd ersetzt – dazu bewegt, sich den fremdartigen Klangexperimenten hinzugeben, ist unklar. Gewiss fühlt er sich dazu verpflichtet, den von Barrett etablierten Floyd-Sound fortzuführen.

David Gilmour wird im Rahmen seiner Sommertour 2016 auch hierzulande zwei Konzerte spielen, am 14.7. in Stuttgart sowie am 18.7. in Wiesbaden.

Lesen Sie mehr im eclipsed Nr. 178 (März 2016).