Die White Stripes haben vierzehn Jahre lang an der kürzesten Verbindung zwischen Punk und Blues unter Umgehung aller Schnörkel und Umleitungen geschraubt und geschreddert. Auf Dauer reichte Gitarrist Jack White diese Aktionsfläche jedoch nicht aus, und er gründete zusätzlich Bands wie Dead Weather oder die Raconteurs. All diese Gruppen sind vorübergehend Geschichte. Auf „Lazaretto“ tritt er nun zum zweiten Mal im Alleingang an. „Lazaretto“ ist ein Album nach Bauart der Siebzigerjahre. Die Platte steckt voller Knalleffekte, setzt aber auch auf die tiefergehende Wirkung, die sich erst nach mehrmaligem Hören erschließt. Vieles hat White sich bei den Klassikern des Genres wie Led Zeppelin oder Cream abgelauscht.
Die Zeiten, in denen es White um Provokation ging, scheinen ein für allemal vorbei. Seine Gitarre klingt nur noch selten so schrill wie bei den White Stripes, die Arrangements neigen eher zur Opulenz als zur Reduktion. Dafür setzt er verstärkt auf die psychische und emotionale Resonanz des historischen Versatzstückes, mag es auch noch so verbaut sein. Vieles in seinen neuen Songs gehört längst zum Vokabular des avancierten Bluesrock, den er in allen denkbaren Spielarten von Prog und Britblues über Southern und Hardrock bis Honkytonk und Country variiert. Trotz der stilistischen Vielfalt klingt die Platte erstaunlicherweise nicht eklektizistisch.