JOE BONAMASSA - Die Königsdisziplin

21. September 2016

Joe Bonamassa

Man kann Joe Bonamassa eine Menge vorwerfen, aber ganz bestimmt nicht, dass er ohne Musikgeschichtsbewusstsein durch die Gegend läuft. „Muddy Wolf At Red Rocks“ (2015) hieß die auf CD, DVD und Blu-ray erschienene Liveaufnahme, die faktisch von der „Thee Kings“-Vorgänger-Tour aus dem Jahre 2014 stammt und den Blues mit Stücken von und im Sinne von Muddy Waters und Howlin’ Wolf aufarbeitet. Ein Jahr später ging es mit elfköpfiger Truppe – darunter Schlagzeuger Anton Fig und drei Chorsängerinnen – darum, den Blueskönigen einen Rockpalast zu schaffen. Aber auch wenn sich Joe angesichts des Erfolgs der Tour gern daran erinnert, legt der Gitarrist und Sänger wie immer ein irres Veröffentlichungs- und Tourtempo vor. Da zahlt es sich aus, dass der 39-jährige US-Amerikaner im Gegensatz zu vielen anderen erfolgreichen Musikern immer mindestens zehn Monate im Jahr im Studio oder auf der Bühne ist. Bei diesem Pensum kann man vieles abarbeiten, aber sich musikalisch auch breit aufstellen.

eclipsed: Über die Bedeutung der drei Blueskönige zu sprechen, ist wie die berühmten Eulen nach Athen zu tragen, oder?

Joe Bonamassa: (lacht) Was meinst du damit?

eclipsed: Stimmt, im Englischen sagt man: carry coals to Newcastle.

Bonamassa: Okay, verstehe. Dann haben wir mit dem Greek Theatre ja unbewusst den richtigen Aufnahmeort gewählt. Andererseits passt das Sprichwort, denn als Bluesgitarrist ist es fast unmöglich, sich nicht mit den Kings zu beschäftigen. Aber das ist eine sehr lustvolle Beschäftigung, wie man auf unserer Aufnahme hoffentlich deutlich hört.

eclipsed: Apropos Greek Theatre: Du huldigst nicht nur musikalischen Größen, offenbar auch geschichtsträchtigen Konzert-Venues. Nach der Londoner Royal Albert Hall, dem Wiener Opernhaus und dem Beacon Theatre bzw. der Radio City Music Hall in New York nun das Open-Air-Gelände im Griffith Park in Los Angeles…

Bonamassa: Das passte einfach, an einem Ort, der 1930 eröffnet wurde, diese Musik zu spielen. Ich bin in solcher Umgebung immer besonders motiviert. Nicht dass ich mir nicht auch in einer Mehrzweckhalle den Arsch abspiele, aber in solchen Venues zu spielen, ist wie auf einer wunderbaren alten Gitarre zu spielen.

eclipsed: Und jeder weiß, dass du leidenschaftlicher Gitarrensammler bist. Aber nicht alte wertvolle Gitarren, auch billigere, eher schräge oder unscheinbare Exemplare, wie mir ein Gitarrenhändler aus Münster erzählte, bei dem du schon zweimal zum Kauf verschiedenster Modellen aufgetaucht bist.

Bonamassa: Oh ja, das ist eher eine Sucht als eine Leidenschaft. Manchmal denke ich, dass ist der Hauptgrund für mich, überhaupt Berufsmusiker zu sein und weltweit zu touren. Wie sollte sonst ein Musikfreak aus New York State wie ich dazu kommen, in einer wunderschönen deutschen Stadt wie Münster mit einem Kumpel wie Henrik Freischlader auf Guitar-Shopping-Tour zu gehen. Aber die Gitarren haben nicht nur Liebhaberwert, manchmal denke ich wirklich beim Ausprobieren daran, dass diese eine Gitarre vielleicht genau den richtigen Klang hat für dieses oder jenes Intro oder Solo.

Lest mehr im eclipsed Nr. 184 (Oktober 2016).