Mike Oldfields Gründe für eine Rückkehr zu „Ommadawn“ liegen tiefer als auf den ersten Blick zu vermuten ist. Auch die Fortsetzung seiner berühmtesten Platte „Tubular Bells“ im Jahr 1992 war keineswegs ein rein wirtschaftliches Kalkül gewesen. „Als ich 1990 ‚Amarok‘ herausbringen wollte“, erinnert sich Oldfield, „sagte Virgin-Boss Richard Branson zu mir, ich solle es doch ‚Tubular Bells II‘ nennen, aber ich entgegnete ihm, dass der zweite Teil von ‚Tubular Bells‘ sicher irgendwann kommen würde, aber das vorliegende Album ist es definitiv nicht.“ Diese Anekdote sagt nicht nur viel über den damals schwelenden Konflikt zwischen Oldfield und seinem Labelchef aus, sondern auch darüber, dass das Konzept der Fortsetzung dem Musiker weit mehr bedeutet als ein schlichtes Etikett, um seinen Fans einen beliebigen instrumentalen Longtrack andrehen zu können.
Tatsächlich spielte Oldfield schon lange mit dem Gedanken, auch „Ommadawn“ fortzuschreiben. Die Entstehungsgeschichte der Originalplatte war eine schwierige und schmerzhafte. Der Musiker hat keine guten Erinnerungen daran. Was war passiert? Zunächst einmal ist „Ommadawn“ eine Trauerarbeit. Oldfields Mutter starb während der Aufnahmen, doch der 21-jährige Musiker musste ungeachtet dessen weiterarbeiten, um seinen Label das vereinbarte Produkt liefern zu können. Und der Druck war immens: Das vorangegangene „Hergest Ridge“ wurde von Fans und Kritikern lange nicht so enthusiastisch aufgenommen wie das Debüt „Tubular Bells“ Und doch war Oldfield das beste Pferd im Virgin-Stall. „Branson wollte mich damals zum Popstar machen“, so der Künstler.
Als er in seinem Landhaus und Studio The Beacon an die Arbeit zu „Ommadawn“ ging, lief es zunächst recht gut. Virgin leistete jede nur erdenkliche Hilfe. Wenn Oldfield ein teures Instrument oder einen bestimmten Musiker brauchte, kümmerte sich das Label umgehend darum. Was er allerdings nicht bestellt hatte, waren hochwertige Aufnahmebänder geschweige denn eine anständige Bandmaschine. Beim Überspielen des mehr oder weniger fertigen ersten Teils kam es zu schwerwiegenden Qualitätsverlusten. Als Oldfield eine neue Maschine erhielt, stellte er fest, dass er mit minderwertigem, sich nach und nach zersetzendem Bandmaterial gearbeitet hatte. Die Aufnahmen waren unbrauchbar (sie erschienen, mit modernen technischen Mitteln restauriert, schließlich vor einigen Jahren auf der Deluxe-Edition von „Ommadawn“). Der Multiinstrumentalist fing von Neuem an – was sich letztlich als Segen herausstellte: Erst in diesem Moment habe er das Wesen seiner Komposition durchschaut, so Oldfield. Das Album, zwischen Januar und September 1975 eingespielt, wurde ein großer Erfolg.