MUSE - Mission Menschlichkeit

27. Mai 2015

Muse

Das Interview mit Matt Bellamy findet im Berliner Hotel de Rome statt, und zwar in der Renaissance-Suite mit 85 Quadratmetern Antiquitäten und Plüsch, frischem Obst und Butlerservice. Alles für 1500 Euro pro Tag. Aber die Briten sind schließlich auch Superstars mit 15 Millionen verkaufter Alben, Stadiontournee, Hollywoodfreundinnen, Strandwohnungen und exklusiven Hobbys. Da passt es nur zu gut, dass die Gesprächszeit im Vorfeld auf 15 Minuten taxiert wird, private Fragen ein No-go sind und Selfies einen sofortigen Platzverweis bewirken. Zum Glück ist der Künstler entspannter als sein Umfeld, weshalb er einfach so lange redet, wie er mag, und auch Einiges zu sagen hat…

eclipsed: Matt, sind wir alle Drohnen, die von Drohnen gelenkt werden, die wiederum von anderen Drohnen kontrolliert werden?

Matt Bellamy: (lacht) Das könnte man so sagen.

eclipsed: Was an das „1984“-Konzept eures Albums „The Resistance“ erinnert…

Bellamy: Totalitäre Kontrolle war schon immer ein wichtiges Thema für mich. Vielleicht weil sich meine Eltern trennten, als ich ein Teenager war. Es war eine Phase, in der mein Leben völlig aus dem Ruder lief, weil mir die familiäre Geborgenheit und Sicherheit entzogen worden war. Eine Band zu gründen war daher nichts anderes als eine Flucht. Und die Gedanken hatte ich auch, als es an dieses Album ging. Allerdings rührt der der Titel daher, dass ich viel über Drohnen gelesen habe.

eclipsed: Zum Beispiel?

Bellamy: Ein Buch namens „Predator Drones: Die verdeckte Kriegsführung der CIA“, das die Drohnenoperationen dokumentiert, die im Westen Pakistans und Afghanistan stattfanden. Ich war geschockt, wie viele es davon gab und wie fortgeschritten die Technik war. Noch schlimmer fand ich aber den Begriff „kill decision“ – also wie die Entscheidungen für solche Angriffe getroffen werden und von wem. Manchmal ist es sogar Obama, der sie kurz nach dem Frühstück abnickt. Wobei das Erschreckende ist, welche Distanz da kreiert wird: Die Technik sorgt für eine gewaltige Entfernung zwischen dem Auftraggeber und dem Ziel, auch emotional. Und die wird immer größer. Denn das, was die USA gerade entwickeln, läuft auf völlig autarke Drohnen hinaus, die ihre eigenen Entscheidungen zum Töten treffen, ohne dass irgendein Mensch involviert wäre.

Lesen Sie mehr im eclipsed Nr. 171 (Juni 2015).