STEVE HACKETT - Die Stunde des Wolfs

26. März 2015

Steve Hackett Genesis

Lange hat Steve Hackett mit seinen Veröffentlichungen die Fahne des Progressive Rock der Siebzigerjahre hochgehalten, um schließlich mit „Genesis Revisited“ diese Hochphase in eigener Sache noch einmal groß abzufeiern und damit zugleich die verdiente Ernte seiner Standfestigkeit einzufahren. Hierzu und vor allem zum neuen Album, dem Konzeptalbum „Wolflight“, steht uns der smarte Brite Rede und Antwort.

Das Projekt „Genesis Revisited II“, das auf den prächtigen Mitschnitten „Live At Hammersmith“ und „Live At The Royal Albert Hall“ dokumentiert ist, brachte dem englischen Gitarristen Steve Hackett, der in den Jahren 1971 bis 1977 bei Genesis in Diensten stand, endlich breiteren Erfolg als Solokünstler – mit groß angelegter Welttournee und ansehnlichen Verkaufszahlen. Zuvor hatte er etliche ambitionierte Progressive-Rock-Alben wie zuletzt „Out Of The Tunnel’s Mouth“ (2009) und „Beyond The Shrouded Horizon“ (2011) vorgelegt. Mit „Wolflight“ geht er diesen Weg jetzt konsequent weiter.

eclipsed: Wie war es nach den „Genesis Revisited“-Projekten wieder zur eigenen Musik zurückzukehren?

Steve Hackett: Die Beschäftigung mit den Genesis-Songs hat mich wieder an die Kraft langer experimenteller Musikformen erinnert. Genesis wurden als Band damals schnell zu meinem Ideal. Ich versuchte sie in bestimmte Richtungen zu lenken, was bei all den starken Persönlichkeiten in der Band nicht so einfach war.

eclipsed: Worum geht es dir nun auf „Wolflight“?

Hackett: In erster Linie darum, die Flagge kultureller Vielfalt hochzuhalten. Das ist wichtig, egal ob in der Musik, der Kunst oder der Politik. Angesichts des Fundamentalismus, der derzeit hochkocht, leben wir in einer gefährlich intoleranten Zeit. Da müssen wir aufstehen und uns bemerkbar machen. Ich will nicht, dass die Welt zu bankrotten Ideologien zurückkehrt. Deshalb ist das Album ganz bewusst stilistisch so verschiedenartig wie nur möglich ausgefallen. Ich arbeite darauf mit vielen Genres und verschiedenen kulturellen Einflüssen. Ich nenne das Pan-Genre. So hört man beim Titeltrack eine Tar aus Aserbaidschan, dann gibt es ein Didgeridoo, eine arabische Oud, den Klang der Wüste. Archaische Instrumente, die zurückgehen bis auf den Aufbruch der Menschheit; alles in einem modernen kulturellen Austausch.

eclipsed: Was hat es mit dem Albumtitel auf sich?

Hackett: Der steht für vieles. „Wolf“ ist ein Synonym für Freiheit und Unabhängigkeit. Musikalisch bedeutet es für mich auch, mit starren Grenzen und Regeln zu brechen, um Neues zu erschaffen. Der Titel selbst bezieht sich auf die Stunde vor der Morgendämmerung, der Begriff taucht in dem Zusammenhang erstmals in der „Odyssee“ auf. So weit reicht das zurück. Zu dieser Stunde habe ich viel vom neuen Material geschrieben. Es ist eine sehr kreative Zeit, noch in Träumen verhangen und vor menschlicher Logik, eine Zeit der Poesie.

Lesen Sie mehr im eclipsed Nr. 169 (April 2015).