„Wie Kraftwerk ohne Elektronik“ - Mit „Barefoot To The Moon“ ziehen ECHOES bei Pink Floyd den Stecker

26. November 2015

Echoes Pink Floyd

eclipsed: Ihr feiert gerade euer zwanzigjähriges Jubiläum und seid entsprechend lange elektrisch mit Pink-Floyd-Musik unterwegs. Mit „Barefoot To The Moon – An Acoustic Tribute To Pink Floyd“ gelingt euch nun das Kunststück, die bombastischen Klassiker der Artrocker in strikt akustischem Gewand völlig neu zu inszenieren und damit unbekannte Facetten hervorzuholen. Wie kam es zu diesem Konzept?

Steffen Maier: Ja, zuerst denkt man, Pink Floyd akustisch, das ist ja wie Kraftwerk ohne Elektronik. Das erste Mal hatte ich diesen Gedanken, als ich las, dass so etwas Nick Mason gerne mal mit Pink Floyd gemacht hätte. Und wenn der Nick Mason das denkt, ist es ja vielleicht auch wirklich möglich.

eclipsed: David Gilmour hat tatsächlich im Juni 2001 im Rahmen des Londoner Meltdown-Festivals in der Royal Festival Hall eine Akustik-Show gegeben, was dann auch auf DVD als „David Gilmour In Concert“ veröffentlicht worden ist.

Maier: Ja, aber das haben wir wirklich erst jetzt im Nachhinein erfahren und gehört. Ich sag es mal so: Was wir damit im Gegensatz zum bloßen Nachspielen machen ist nicht die Anbetung der Asche, sondern der Erhalt von Feuer. Sozusagen Pink Floyd „Level II“.

eclipsed: Wie hat sich das Ganze denn entwickelt?

Maier: 2005 haben wir es dann tatsächlich mal im „Hofgarten Kabarett“ in Aschaffenburg bei einer Akustik-Lounge zum allerersten Mal ausprobiert. Damals allerdings unter der ausdrücklichen Prämisse, dass das ein Experiment ist. Wir haben da auch nur einmal geprobt. Da haben wir schnell gemerkt, es gibt Nummern, bei denen es sehr gut funktioniert, aber auch furchtbare Rohrkrepierer.

eclipsed: Wo hat es nicht funktioniert?

Maier: „Pigs“ beispielsweise war ganz, ganz schlimm …

Oliver Hartmann: Das hab ich schon verdrängt.

Maier: Zumindest hat man aber gesehen, es ist möglich. Der Geist von Pink Floyd kann akustisch aufrechterhalten werden. Beim Aschaffenburger Benefizprojekt „Leuchtende Kinderaugen“ haben wir es dann weiterentwickelt.

Hartmann: Die Größe der Musik von Pink Floyd mit all den Keyboard-Flächen rein akustisch umzusetzen ist natürlich schwer. Also hatten wir es zunächst mal auf ein kurzes Set von so vierzig, fünfundvierzig Minuten beschränkt und da reingepackt, was auf den ersten Blick funktioniert. Die Meinungen in der Band, ob das wirklich gehen kann, gingen auch erst mal auseinander. Durch meine Mitwirkung bei „Rock meets Klassik“, wo jedes Jahr Rock-Klassiker in orchestralem Gewand aufgeführt werden, habe ich ein Gespür für Arrangements mit Streichern bekommen. Über unser Streichquartett ist es möglich, diese schwer zu füllende Lücke im Raum atmosphärisch wieder zu füllen. Die Größe und Tiefe der Musik von Pink Floyd muss man akustisch halt anderweitig hereinholen. Da geb ich als Gitarrist dann auch gerne mal Solo-Themen an die Violinistin oder Cellistin ab, auch weil auf der akustischen nicht immer alles genauso wie auf der elektrischen Gitarre rüberkommt.

Paul Kunkel: Ich möchte noch eines hinzufügen: Ich sehe „Barefoot To The Moon“ generell als eine Weiterentwicklung des Konzepts von Echoes als Band im Ganzen. Nämlich, dass wir grundsätzlich nicht versuchen, Ton für Ton der Vorlage so exakt wie möglich nachzuspielen, sondern wir stärker die individuellen Beiträge herausstellen. Was uns von den anderen Pink-Floyd-Tribute-Bands unterscheidet, ist der Umstand, dass wir unseren eigenen Stil haben. Deswegen „Level II“.

eclipsed: Tatsächlich gelingen euch auch eigenständige Versionen, die trotzdem den Geist der Vorlage atmen. Wie habt ihr denn die Songauswahl getroffen? Gerade das im Original schwer elektronische „Welcome To The Machine“ ist ja zu einem echten Highlight geworden.

Maier: Das ist gut, dass du das sagst. „Welcome To The Machine“ stand durchaus in der Diskussion, geht das oder geht das nicht, und es ist dann so toll herausgekommen.

Hartmann: Wir haben versucht, neben dem Basis-Material, das sich jeder bei Pink Floyd akustisch gut vorstellen kann, das Programm dann Schritt für Schritt zu erweitern. Jeder hat Songs vorgeschlagen.

Maier: Ich bin halt derjenige in der Band, der das Frühwerk von Floyd zu würdigen weiß. „Summer ’68“ hätte mir da zum Beispiel unglaublich gut gefallen.

Hartmann: Klar, es gab da bandinterne Abstimmungsprozesse. Auch „Careful With That Axe, Eugene“ war schon mal im Gespräch.

eclipsed: Könnt ihr euch also vorstellen, das weiterzuspinnen? Gibt es genug Stoff für ein „Barefoot To The Moon“, Teil 2? Wie steht es mit den langen Stücken bei Pink Floyd?

Maier: Wie gesagt, ich würde schon gerne mehr Stücke aus dem Frühwerk von Pink Floyd ausprobieren.

Hartmann: Für diese spezielle Frühphase gibt es ja wieder andere Tribute-Bands, die das machen. Echoes stehen eher für eine Art Best-of-Programm mit Stücken, wo sich die meisten Hörer wiederfinden können. Ich bin ja eher der Mann, der Pink Floyd von, sagen wir mal, „Dark Side“ bis hin zu „The Wall“, also die der klassischen Periode, mag. Aber wir können jetzt bei dieser Akustik-Show zeitlich gar nicht alles machen. Elektrisch spielen wir aus dieser Hochphase bei Pink Floyd ja doch noch so einige andere Sachen, die man überlegen kann. Nach all den Erfahrungen, die wir jetzt gesammelt haben, kann man das schon noch weiterstricken. Die langen Stücke sind generell eher schwierig, aber „Echoes“, unser namensgebendes Stück, wäre natürlich ein fetter Brocken. Das wäre Neuland, aber es gibt, wie man sieht, Freiräume, es anders zu machen. Wer weiß …

eclipsed: Und ihr habt euch ja bei der Umsetzung live auch so einige effektvolle Gimmicks einfallen lassen.

Maier: Natürlich haben wir bei dem Intro zu „Shine On You Crazy Diamond“, das wir auf Gläsern spielen, an Floyds eigenes gescheitertes „Household Objects“-Projekt gedacht.

Kunkel: Das berühmte Radio-Intro zu „Wish You Were Here“ entschlüsseln wir dadurch, indem die Streicher das hierin enthaltene Tschaikowski-Stück auch tatsächlich anspielen.

eclipsed: Wie seid ihr überhaupt an die Live-Performance herangegangen?

Maier: Die Live-Atmosphäre mit den brennenden Kerzen soll den richtigen Rahmen für eine Art „intimes Musiktheater“ bilden. Und natürlich üben auch unsere vier begabten Mädels an den Streichinstrumenten einen eigenen Reiz aus.

eclipsed: Wie sind denn bis jetzt die Reaktionen aus dem Publikum bei dieser speziellen Aufführung?

Hartmann: Bis jetzt kommen die Akustik-Konzerte beim Publikum so hervorragend an, dass wir uns durchaus vorstellen können, diese Shows noch länger zu spielen. Im Moment jedenfalls fahren wir zweigleisig, einmal elektrisch mit allem Brimborium, einmal akustisch-reduziert mit Streichern.

Mehr Informationen:
www.echoes.de

Interview: Walter Sehrer