Es gibt Dinge, die lassen sich nicht rational erklären. Etwa, wie man eine erfolgreiche Musikerkarriere einfach auf Eis legen und fast ein Vierteljahrhundert abtauchen kann. Matt Johnson reagiert mit einem Lächeln – und einer ganzen Reihe von Gründen: Die Umstrukturierungen der Musikindustrie in den frühen 2000ern hätten sein letztes Album „Naked-Self“ ruiniert und ihn seinen Plattenvertrag gekostet. Dann habe er sich von seiner Partnerin getrennt, seinen Vater und jüngeren Bruder verloren, gesundheitliche Probleme gehabt und sein Heil in Soundtracks gesucht. „Das war keine Sache, mit der sich groß Geld verdienen ließ, aber für mich etwas sehr Therapeutisches hatte: Ich konnte endlich Musik machen, ohne dass mir jemand gesagt hat: ‚Du musst dies oder das ändern, sonst veröffentlichen wir es nicht.‘“
Das ist dem 63-jährigen Briten schon zu oft passiert: Den bisherigen sechs Studioalben seines Ein-Mann-Projekts The The stehen ebenso viele Werke gegenüber, die die Musikindustrie schlichtweg abgelehnt hat – und das bei einem Künstler, der zwischen 1986 und 1993 solche Klassiker wie „Infected“, „Mind Bomb“ oder „Dusk“ hervorbrachte. „Es tut unglaublich weh, von irgendwelchen Schnöseln gesagt zu bekommen, dass meine Stücke nicht kommerziell genug seien. Als hätte ich keine Ahnung, was ich da tue, und würde mich quasi selbst sabotieren. Da habe ich lieber nichts aufgenommen.“ Ob die abgelehnten Werke irgendwann noch erscheinen – und wie –, lässt Johnson offen. Ob sein neues Epos „Ensoulment“ nur ein einmaliger Rückfall ist oder der Auftakt zu einer zweiten Schaffensphase, ebenso ...