CHRIS FARLOWE - Aus der Zeit gefallen

5. April 2018

Chris Farlowe Colosseum

Chris Farlowe beackert mit siebundsiebzig Jahren immer noch die Clubs. Auf der Bühne ist der Londoner ein Vulkan – ob mit der Hamburg Blues Band oder mit eigener Truppe. Vor fast genau sechzig Jahren begann seine Karriere bei der John Henry Skiffle Group. Seine Heldentaten vollbrachte er in den Sechzigern („Out Of Time“) und in den Siebzigern mit Colosseum. Mick Jagger und Jimmy Page zählen ihn zu ihren Lieblingssängern. Eine lohnende Unternehmung also, mit Farlowe vor einem Gig der HBB zurückzublicken auf ereignisreiche Rock-, Blues- und Jazzrockjahrzehnte.

Der Sänger Chris Farlowe wurde während des Zweiten Weltkriegs, am 13. Oktober 1940, als John Henry Deighton in Islington im Norden Londons geboren. Das erklärt, weshalb er ein großer Sammler von Kriegsmemorabilia ist. Wie viele seiner Altersgenossen war er von Skifflekönig Lonnie Donegan fasziniert und gründete mit sechzehn Jahren seine erste eigene Skiffleband. Ab diesem Moment gab es für John/Chris kein Halten mehr. In den frühen Sechzigerjahren landete er bei den Thunderbirds, und Mitte des Jahrzehnts holte ihn Stones-Manager Andrew Loog Oldham zu seinem Label Immediate.

Was folgte, waren Farlowes erfolgreichste Jahre, als er mit Mick Jagger als Produzent den Stones-Songs „Out Of Time“, „Paint It Black“ und sogar „(I Can’t Get No) Satisfaction“ ein zweites Chartleben einhauchte. Als Farlowe 1970 bei der bluesig-progressiven Jazzrocktruppe Colosseum einstieg, begann für ihn die musikalisch spannendste Phase – auch wenn die Zusammenarbeit mit Jon Hiseman und Co. 1971 für dreiundzwanzig Jahre unterbrochen wurde und Farlowe sich Atomic Rooster anschloss. Ein weiterer wichtiger Weggefährte war und ist Led Zeppelins Jimmy Page, mit dem er in den Sechzigern im Studio arbeitete und auf dessen Alben „Death Wish II“ (1982) und „Outrider“ (1988) er sang.

eclipsed: Ich hatte gar nicht mehr auf dem Schirm, dass du schon früh deinen richtigen Namen John Henry Deighton in Chris Farlowe umgeändert hast. Fandest du deinen Geburtsnamen so fürchterlich?

Chris Farlowe: Ich weiß nicht, ob ich das heute noch mal machen würde, aber damals fand ich es einfach schmissiger. Außerdem sprach und spricht jeder Deighton falsch aus. Ich denke, es war der richtige Schritt, dass ich mir einen anderen Namen ausgedacht habe.

eclipsed: Unter dem Pseudonym Little Joe Cook veröffentlichtest du in den Sechzigern „Stormy Monday Blues“, und jeder dachte, da singt ein Schwarzer.

Farlowe: Das ist doch immer noch eine schöne Geschichte, oder? Und es ist, wenn du Blues spielst und singst, ein Kompliment, wenn man dich für einen Farbigen hält. Gerade für einen blassen Engländer.

eclipsed: Noch bevor du mit Mick Jagger zusammengearbeitet hast, trafst du auf Jimmy Page.

Farlowe: Wir bei den Thunderbirds waren 1961 noch ziemlich jung, aber unser Produzent für ein Demo war mit sechzehn noch jünger. (lacht) Es war Jimmys erste Produktion überhaupt und der Beginn einer lebenslangen Freundschaft.

eclipsed: Wie kam es eigentlich zur Bekanntschaft mit Oldham und Jagger? Zufall?

Farlowe: Eher nicht, ich kannte beide schon, als sie noch vom Weltruhm träumten. Und sie beobachteten immer genau, was ich musikalisch so trieb.

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