Der kalifornische Saxophonist KAMASI WASHINGTON kehrt auf die Erde zurück

9. Juli 2024

Kamasi Washingon

Der kalifornische Saxophonist KAMASI WASHINGTON kehrt auf die Erde zurück

Kamasi Washingon gilt als Verfasser des großen amerikanischen Jazz-Romans. Sein Mammut-Debüt „The Epic“ drang tief in die Sphären der Mythen und Legenden ein, auf dem nicht minder monumentalen „Heaven And Earth“ ging es um kosmische Dimensionen. Beide Alben bestanden aus jeweils drei CDs. Sein neues Opus „Fearless Movement“ ist ein lächerliches Doppelalbum und beschreibt seine Ankunft in der Gegenwart. Vielleicht muss er für seine Botschaften nicht mehr ganz so weit ausholen, weil er sich für seinen dritten großen Roman nicht mehr nur der Klangsprache bedient, sondern einer ganzen Schar von Poeten, Sängern und Chören. Die unmittelbare Kraft des Wortes ist ihm so wichtig wie noch nie. „Sprache ist nicht nur der Ausdruck, sondern auch Form und Gefäß unseres Denkens und Fühlens“, so Washington. „Sie hat aber auch Einfluss auf alles, was wir nicht denken oder fühlen können. Musik ist eine universale Sprache, weil wir mit ihr andere universale Ideen zum Ausdruck bringen können als mit Worten. Mit Musik können wir das Gleiche sagen wie mit Lachen oder Weinen. Sie ist in der Lage, sehr komplexe Ideen auf ihre ursprüngliche Form zu reduzieren.“

Wirkte Kamasi Washington bis vor wenigen Jahren wie ein uralter Philosoph, der die Weisheit von den alten Ägyptern bis heute auf seinen massigen Schultern trägt, scheint er plötzlich um Jahrzehnte verjüngt. Der Grund dafür liegt in der Tatsache, dass er nach „Heaven And Earth“ Vater geworden ist. Seine Tochter, so Washington, habe ihm das Sprechen neu beigebracht und ihn daran erinnert, dass es bedingungslose Liebe gibt. „Wir alle hoffen ja, uns ständig weiterzuentwickeln“, grinst der Benjamin Button des Jazz. „Ich bin an einem neuen Punkt angekommen, und das ist das Leben. Das verdanke ich meiner Tochter. Anders als auf meinen früheren Alben spiele ich direkt aus meiner Lebenserfahrung heraus. Ich verließ diesen Dream Space, den ich auf ‚The Epic‘ geschaffen hatte. Dieser Ort existiert nur in meinem Kopf. Jetzt war es an der Zeit, mich mit der physischen Wirklichkeit zu konfrontieren.“ Zu dieser physischen Wirklichkeit gehört auch seine Heimat Los Angeles. L.A. ist kein freundlicher Ort, auch wenn er immer den schönen Schein vorgibt. Glanz und Glamour von Filmwelt, Palmen und Strand brechen sich an Feuersbrünsten und Überschwemmungen, Massenobdachlosigkeit und Verelendung des Mittelstandes, Fentanyl-Epidemie und um sich greifender Gang-Kriminalität.

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