Drei Dekaden nach „Meantime“ geben sich HELMET subtiler, aber längst nicht altersmilde

8. Dezember 2023

Helmet Page Hamilton

Drei Dekaden nach „Meantime“ geben sich HELMET subtiler, aber längst nicht altersmilde

Mit 63 ist Page Hamilton sichtlich gealtert: Aus dem sportlichen Baseballkappen-Träger der 90er ist ein ausgemergelter, reifer Herr mit dicker Hornbrille, grauen Schläfen und lichtem Scheitel geworden, der das Gros seiner Tage im Heimstudio verbringt. „Während der Pandemie habe ich angefangen, Gitarren-Unterricht zu geben - online und für Studenten aus aller Welt. Eine großartige Sache, von der ich immer geträumt habe. Ich schätze, das könnte etwas fürs Altenteil sein - genau wie Stücke für Schulorchester, Soundtracks für Film- und TV-Produktionen oder mein Jazz-Projekt: Ich arbeite gerade an 15 Standards wie ‚Come Rain Or Come Shine‘, die für mich etwas komplett anderes sind.“ Das meint der Mann aus Glendale, im Osten von Los Angeles, genau so, wie er es sagt: Nach 35 Jahren Musikgeschäft ist er auf der Suche nach etwas Neuem - weil er alles andere längst erlebt hat: Er hat Blockbuster wie „The Crow“ oder „Judgement Night“ vertont, Alben mit Joe Henry und Caspar Brötzmann aufgenommen sowie David Bowie auf der 99er „Hours“-Tour begleitet - als kurzfristiger Ersatz für Gitarrist Reeves Gabrels.

„Reeves hatte eine Menge privater Probleme und brauchte - nach 13 Jahren mit David - eine Pause. Also habe ich in zwei Wochen 30 Songs gelernt und im Wembley-Stadion debütiert - beim NetAid-Konzert, das weltweit übertragen wurde. Was ich nie erwartet hätte: Bowie war so nervös, dass er mir meine eigene Nervosität genommen hat. Wir haben mehrere Zigaretten geraucht, bevor es auf die Bühne ging - und ich habe versucht, ihn zum Lachen zu bringen, indem ich ihm Witze erzählte. Das war geradezu surreal. Und: Er hat dann tatsächlich eine Zeile in ‚Life On Mars?‘ verbockt - was ich nie für möglich gehalten hätte. Genau wie die Tatsache, dass Mick Jagger am Bühnenrand stand und mir zuschaute. Wahrscheinlich dachte er: Wer ist dieses Metal-Arschloch?“ Erinnerungen, die Page mit lautem Lachen kommentiert. Genau wie Etiketten à la „the thinking man’s metal band“ oder „smart rock“, mit denen ihn die britische Fachpresse einst belegt hat, weil er studierter Jazz-Musiker ist, Noten lesen kann und aus der Noiserock-Schule um Sonic Youth, John Zorn und Glenn Branca stammt.

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