EARTHWORKS - Lebensreise

4. Oktober 2019

Earthworks Bill Bruford

EARTHWORKS - Lebensreise

Es gibt nicht viele Schlagzeuger, die so umfassend die Rockgeschichte geprägt haben wie der Engländer Bill Bruford. Mit seinem kraftvollen polyrhythmischen Drumming leistete er entscheidende Beiträge in Bands wie Yes oder King Crimson, er spielte kurzzeitig für Genesis und Gong und war an der Aufstellung der Supergroup U.K. beteiligt. 1979 gründete er dann seine eigene Band Bruford und 1986 schließlich Earthworks, mit denen er zwei Jahrzehnte lang musizieren sollte. Das Wirken von Earthworks wird jetzt mit einer großen Retrospektive gewürdigt.

Bill Bruford vereint den Rockmusiker mit dem Jazzdrummer, ohne einer dieser beiden Inkarnationen den Vorzug zu geben. Seine langjährige Jazzband Earthworks hatte für die britische Szene eine ähnliche Bedeutung wie Art Blakey & The Jazz Messengers für die amerikanische, denn viele junge Musiker, die später zu Ruhm und Ehren kommen sollten, begannen ihre Laufbahn an der Seite des Drummers. Mit der spektakulären Box „Earthworks Complete“ wird nun das Gesamtwerk der Band inklusive unveröffentlichtem Material auf 20 CDs und vier DVDs zusammengefasst. Ein guter Grund, mit Bill Bruford auf seine Zeit mit Earthworks zurückzublicken.

eclipsed: Waren Earthworks eine Band mit verschiedenen Besetzungen oder mehrere Bands mit demselben Namen?

Bill Bruford: Der gemeinsame Nenner, der alles zusammenbrachte, war meine spezielle Art, Schlagzeug zu spielen und Musik zu erfinden. Es war dieselbe Band mit unterschiedlichen Herangehensweisen. Die erste Ausgabe [1986-1993] war durch das elektrisch/akustische Ding charakterisiert, die zweite [1997-2001] war rein akustisch, und die letzte [2002-2005] war irgendwo zwischen den beiden. In der zweiten Ausgabe suchte ich nach einem Jazzstil, der so emotional sein sollte wie bei der ersten, aber vor einem rein akustischen Hintergrund.

eclipsed: Wie hast du mit Earthworks begonnen, und wie hast du die richtigen Musiker gefunden?

Bruford: Nachdem King Crimson zur allgemeinen Verwunderung 1984 aufgehört hatten, stand ich wieder auf der Straße. Aber diesmal hatte ich ein Jahrzehnt Erfahrung und vier jazzbeeinflusste Bruford-Alben im Rücken. Ich war noch weiter in Richtung Jazz gerutscht oder, wenn man so will: zu einem interaktiven Weg des Musikmachens zurückgekehrt, bei dem nicht jeder genau wissen will, was als Nächstes passieren wird. Wenn das jemand Jazz nennen will, habe ich damit kein Problem. Außerdem hatte sich die musikalische Ökologie verändert. Die Musikszene war in guter Stimmung, befand sich auf einer ihrer regelmäßigen Höhephasen und tauchte ziemlich oft im deutschen Nachtfernsehen auf. Im UK hatte eine profilierte anarchistische Big Band mit vielen jungen Spielern namens Loose Tubes einen gelegentlichen TV-Slot. Deren Leiter war der Pianist und Tenorhornspieler Django Bates, und ein Schlüsselmusiker war Saxophonist Iain Ballamy. Zur selben Zeit erfreuten wir uns verbesserter elektronischer Instrumente und des MIDI Digital Interface. Was könnten Jazzmusiker damit anfangen? Ich lud Django und Iain ein, das in einem neuen Quartett namens Earthworks herauszufinden.

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