ERIC CLAPTON - Gitarrengott tankt Sonne

8. April 2024

Eric Clapton

ERIC CLAPTON - Gitarrengott tankt Sonne

ERIC CLAPTONs zweites Solowerk „461 Ocean Boulevard“ war das Album, auf dem sich der drogengeschüttelte Gitarrist nach Jahren des Rückzugs gänzlich neu erfand: Vorbei waren die ausufernden Soli aus Cream-Tagen und der Bandspirit von Derek & The Dominos. Stattdessen war darauf ein geläuterter Musiker voller Understatement zu erleben, mit relaxten, in der Sonne Floridas gereiften Laid-back-Sounds und Songs voller Schönheit, inklusive des BobMarley-Covers „I Shot The Sheriff“, das zum US-Nummer-1-Hit wurde. Der Weg für den neuen, stilistisch offenen Clapton der 70er war damit geebnet.

Exzessiver hätte die Vorgeschichte des Albums kaum sein können. Doch die an Wände gesprühte Parole „Clapton is God“ war Geschichte. Vielmehr versuchte der Meistergitarrist nun, den überlangen Schatten des „Gitarrengottes“ hinter sich zu lassen. Inmitten der Aufnahmen zu ihrem zweiten Album lösten sich Derek & The Dominos 1971 in einer angespannten Atmosphäre voller Paranoia kurzerhand auf. Der Studiosessions und Konzerttouren überdrüssig, zog sich Clapton daraufhin zurück. Drei geschlagene Jahre entfloh der heroinsüchtige Musiker dem Rock’n’Roll-Leben auf sein Anwesen bei Surrey, um dort seine Zeit vor dem Fernseher zu verbringen. Erst 1974 wagte er sich wieder an ein neues Album.

Erste neue Gehversuche eines Drogengeschädigten und Traumatisierten

Pete Townshend von The Who organisierte ein Benefizkonzert für seinen Freund, um ihm dabei zu helfen, vom Heroin loszukommen, was Clapton mithilfe einer radikalen neuro-elektrischen Therapie tatsächlich gelang. An die Stelle der Droge trat jedoch zunehmend der Alkohol. Nachdem er bei George Harrisons Konzert für Bangladesch im August 1971 noch auf der Bühne umgefallen war und wiederbelebt werden musste, brachte Clapton am 13. Januar 1973 die beiden Konzerte im Londoner Rainbow Theatre mit Townshend, Steve Winwood, Jim Capaldi und Ronnie Wood gut über die Bühne. Zu Beginn des Jahres 1974 bedankte er sich bei Townshend, indem er eine Rolle in der Verfilmung von The Whos Rockoper „Tommy“ übernahm. Weiterer Glückshormonschub: Mit Pattie Boyd, die damals noch mit seinem Intimus George Harrison verheiratet war, begann er endlich, eine Beziehung zu leben. Clapton, der unter einem Trauma litt, nachdem er von seiner Mutter verlassen und von den Großeltern aufgezogen worden war, verehrte sie abgöttisch und setzte ihr mit den mit Derek & The Dominos eingespielten Songs „Layla“ und „Bell Bottom Blues“ ein musikalisches Denkmal: „Derek zu sein, war ein Deckmantel dafür, dass ich versuchte, einem anderen die Frau zu klauen.“

Ohne betäubendes Heroin hörte Clapton wieder Musik und begann auf der Basis einfacher Ideen und alter Bluesstücke auch wieder voller Enthusiasmus zu spielen: „Ich hatte mich schon so lange nicht mehr so gefühlt und war glücklich. Ich ging meine Plattensammlung durch und fand all diese Songs, und als ich mich an ‚461‘ machte, hatte ich diese großartige Sammlung an Covers – Elmore James, Robert Johnson –, wie auch Stücke, die ich geschrieben hatte. Es war einfach.“ Von Carl Radle, dem Bassisten von Derek & The Dominos, erhielt Clapton zudem ein Demotape mit Songs, die jener mit Organist Dick Sims und Drummer Jamie Oldaker eingespielt hatte und die ihn mit ihrem relaxten Tulsa-Sound weiter beflügelten.

Lest mehr im aktuellen Heft ...