Henry Diltz war offizieller Fotograf beim Monterey Pop und Woodstock-Festival. Mit seiner Kamera fing er viele Momente und Ereignisse ein, die sich tief ins kollektive Gedächtnis der 60er-Jahre eingruben. Dies belegt auch ein neuer Bildband über das berühmteste Folkrockquartett jener Zeit.
Für den Wälzer „Crosby, Stills, Nash & Young - Love The One You’re With“ hat der behutsame Chronist der Hippie-Ära tief in seine rund 800.000 Fotos umfassende Schatzkiste gegriffen. Von den in dem 272-seitigen Werk enthaltenen 835 Bildern waren viele bisher unveröffentlicht, andere haben bereits Kultstatus. Daneben enthält es Erinnerungsberichte der vier Musiker sowie weiterer Zeitzeugen wie Jackson Browne oder Joni Mitchell. Es ist ein Geschichtsbuch zum Schmökern: Man blättert, bleibt hängen, liest und staunt. Henry Diltz ist im September 85 geworden. Andere in seinem Alter genießen einfach ihren Ruhestand, aber der Mann mit dem weißen Pferdeschwanz kann nicht still sitzen: Noch immer hat er überall seine Kamera dabei. Unser Gespräch findet via FaceTime statt. Wenn Diltz über seine Anfänge spricht, beginnen die dunklen Augen zu leuchten, das offene Gesicht strahlt Neugier und pure Lebensfreude aus: „Ich war einer von denen, die fotografierten“, erinnert er sich. „Der Unterschied zwischen mir und anderen ist: Ich war zuerst Musiker. Ich kannte David Crosby, Stephen Stills und Neil Young schon, bevor ich überhaupt daran dachte, eine Kamera in die Hand zu nehmen. Ich habe mir nie vorgestellt, das jemals zu tun, es war totaler Zufall.“ Mit seiner Band, dem Modern Folk Quartet, hatte Diltz 1964 in einem College in Michigan gespielt. Am nächsten Tag war er auf einen Second-Hand-Laden gestoßen, der nicht unbedingt lebensnotwendige, aber schöne Dinge feilbot. Direkt hinter der Tür stand ein Tisch mit gebrauchten japanischen Kameras für 20 Dollar das Stück. „Mein Bandkollege Cyrus Faryar nahm eine mit, und ich kaufte mir auch eine. Es war eine impulsive Handlung.“
Auf dem Weg zurück nach Kalifornien fotografierten die Musiker sich spaßeshalber gegenseitig. Am Ende hatte Diltz ein Dutzend Rollen Film verschossen. Nachdem das Fotolabor die Negative entwickelt hatte, lud er all seine Hippie-Freunde zu einer Diashow ein. Es erwischte ihn mit voller Wucht, als er das erste Bild in einer Breite von drei Metern an der Wand leuchten sah: „Es war unglaublich und haute mich um. Ich wollte mehr Bilder machen, um mehr Diashows zu veranstalten.“