JONATHAN HULTÉN - Monomythos eines wahren Künstlers

16. April 2020

Jonathan Hulten

JONATHAN HULTÉN - Monomythos eines wahren Künstlers

Das Streben nach individuellem Ausdruck zieht sich als roter Faden durch Jonathan Hulténs Karriere. Mit seiner Band Tribulation hinterfragt er seit Jahren Stereotype der Death- und Black- Metal-Szene. Nun veröffentlicht er sein erstes Album als Solokünstler und könnte damit stilistisch kaum weiter von seinem anderen Projekt entfernt sein.

Jonathan Hultén ist ein Unikat. Das merkt man schon an der Art, wie er spricht. Er überlegt lange, wägt jede Antwort sorgfältig ab, als fürchte er, etwas Falsches zu sagen. „Ich fühle mich nicht wohl mit dem gesprochenen Wort“, gesteht er. „Im Schreiben bin ich besser.“ Ganz zu schweigen vom Singen. Verbunden mit einer Melodie verwandelt sich die unsichere, sanfte Sprechstimme des Schweden in ein variables, sowohl in tiefen als auch hohen Lagen bezauberndes Gesangsorgan. So übernimmt er auf seinem Debüt „Chants From Another Place“ häufig die Rolle von drei Sängern gleichzeitig. Wesentlichen Einfluss darauf hatte das Folk-Trio Frifot. Dessen knapp anderthalbminütiges A-cappella-Stück „Werlden Äe Underlig“ beeindruckte Hultén nachhaltig. „Dieses Lied war einer der Eckpfeiler von ‚Chants‘. Darauf fußt das Konzept der dreistimmigen Harmonien.“

Dabei kennt man Hultén eigentlich aus einem ganz anderen musikalischen Umfeld. Seit 15 Jahren spielt er in der Death-Metal-Band Tribulation, die er als Jugendlicher mitgegründet und inzwischen zusammen mit seinem Gitarrenpartner Adam Zaars auf melodischere Pfade gelenkt hat – und die er nicht nur musikalisch, sondern auch optisch entscheidend prägt. Auf der Bühne bewegt sich Hultén wie ein Balletttänzer, erkundet seine feminine Seite und bricht so gängige Klischees der Heavy-Szene. „Ich brauchte etwas anderes, um mich auszudrücken“, erinnert er sich an die Entstehung seiner Bühnenpersönlichkeit. „Es begann, als wir nach der Schule nach Stockholm zogen und anfingen, mit Tribulation live zu spielen. Wir waren ungefähr 20. Ich fand, es fehlte etwas, wenn wir auf der Bühne standen. Wir headbangten, und das war’s. Es fühlte sich bedeutungslos an. Schritt für Schritt probierte ich dann Bewegungen aus, verschiedene Make-ups, Herangehensweisen, Kleider. Bei jeder Show änderte sich ein bisschen was. In den folgenden Jahren entwickelte sich das organisch und führte zu dem, was ich heute, zehn Jahre später, bin.“

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