Sie suchen nach Grenzenlosigkeit. Seit fünfzehn Jahren stellen KING GIZZARD & THE LIZARD WIZARD die Rockmusik auf den Kopf, experimentieren mit Metal, R’n’B, Jazz, Psychedelic und mikrotonaler Musik. Live geben sie sich der Improvisation hin, frönen überlangen, ausgefransten Jams. King Gizzard regieren längst ihre eigene, unberechenbare Welt.
Interview: Fabian Broicher
Dabei wirkt „Phantom Island“, das siebenundzwanzigste Album der Australier, überraschend zart. Unterstützt werden King Gizzard & The Lizard Wizard darauf erstmals von einem Symphonie-Orchester, das dem melodisch-groovigen Psych-Pop etwas Verwunschenes verleiht. Eigentlich gibt Sänger und Gitarrist Stuart Mackenzie nur selten Interviews. Aber als wir ihn per Zoom erreichen, kann er es kaum erwarten, über das nächste unerwartete Kapitel seiner Band zu reden.
eclipsed: Stu, bitte nimm uns mit auf die Geisterinsel. Wie ist „Phantom Island“ entstanden?
Stu Mackenzie: Das war ziemlich seltsam, sogar für unsere Verhältnisse. Alles begann mit „Flight b741“, dem Vorgänger. Während der Sessions sind insgesamt zwanzig Songs entstanden, und da haben wir schon gemerkt, dass wir uns in verschiedenen musikalischen Sphären bewegten. Zuerst dachten wir, wir hätten es mit einem ausschweifenden Doppel-Album zu tun. Dann stand zur Debatte, einige der Songs ganz auszusortieren. Aber nach einer Weile wurde uns klar, dass wir an zwei sehr unterschiedlichen Alben gleichzeitig arbeiteten. Zum einen das laute, energische, etwas überdrehte „Flight b741“. Und andererseits das introspektivere, etwas surreale „Phantom Island“.
eclipsed: Ihr habt darauf zum ersten Mal mit einem Orchester gearbeitet.
Mackenzie: Wir wussten, dass die Songs auf „Phantom Island“ andere Facetten brauchten, sie sollten abwechslungsreicher klingen. Aber wir hatten lange keine Ahnung, wie wir das anstellen sollten. Dann haben wir im Juni 2023 ein Konzert im Hollywood Bowl in Los Angeles gespielt, und dort sind wir mit ein paar Musikern des LA Philharmonic Orchestra ins Gespräch gekommen. Eigentlich wollten wir nur ein paar gemeinsame Shows auf die Beine stellen, aber dann dachten wir: Wäre es nicht viel cooler, gemeinsam ein Album aufzunehmen, um es dann live präsentieren zu können? So ist die Idee entstanden.
eclipsed: Hast du denn einen Bezug zu orchestraler Musik?
Mackenzie: Gar keinen! Ich kann nicht mal Noten lesen. Am Anfang war ich also komplett aufgeschmissen. In meinem Freundeskreis habe ich nur einen, der sich mit klassischer Musik auskennt, den Komponisten und Dirigenten Chad Kelly. Also habe ich ihn angerufen und um Rat gefragt. Eigentlich hatte ich vor, ein paar meiner Ideen mit ihm weiterzuspinnen, aber dann wollte er sämtliche Arrangements für uns komponieren. Er hat dieses Kaleidoskopische von „Phantom Island“ sofort verstanden und es konsequent umgesetzt. Dieses Trällernde des Orchesters, das kam alles von ihm. Seine Partituren sind quasi die Farbe in unseren schwarz-weißen Songs.