OPETH - Das Beste kommt zum Schluss

9. Oktober 2019

Opeth

OPETH - Das Beste kommt zum Schluss

Er wollte ein Meisterwerk schreiben. Dies war das erklärte Ziel von Mikael Åkerfeldt bei der Entstehung von „In Cauda Venenum“. Dabei bewegte er sich auf einem für ihn unbekannten Terrain: Erstmals hat der Schwede ein Album in seiner Muttersprache aufgenommen. Im Interview erklärt er, wie sich diese Entscheidung auf die thematische Ausrichtung der Texte ausgewirkt hat und warum neben der ursprünglichen Fassung eine englische Version des Albums erscheint. Außerdem verrät Åkerfeldt, was Prog für ihn bedeutet. Mit dem Begriff als Genre kann er wenig anfangen. Dennoch sieht der 45-Jährige den progressiven Gedanken als essenziell für die sich stetig wandelnde Karriere seiner Band an.

Knapp zwei Jahre lang tourten Opeth nach der Veröffentlichung ihres zwölften Studioalbums „Sorceress“ um die Welt. Eigentlich wollte Mikael Åkerfeldt am Ende dieses Zyklus eine Pause einlegen, sich auf seine Familie konzentrieren, Abstand gewinnen. „Doch wenn ich eine Idee habe, kann ich es nicht abwarten, an die Arbeit zu gehen“, erklärte er im Vorfeld der Listening Session im württembergischen Donzdorf, Sitz des Labels Nuclear Blast. Dort treffen wir ihn zum Gespräch über „In Cauda Venenum“, Opeths dreizehntes Studioalbum. Ein Mann der Muße war Åkerfeldt noch nie, wenn es um Musik geht. Das Maximum an Wartezeit zwischen zwei Alben, das seine Fans bislang überbrücken mussten, waren drei Jahre. Nach der Jahrtausendwende veröffentlichten Opeth neue Platten gar im Jahrestakt. Wiederholt haben sie sich dabei nie. Mit jedem Werk fügen sie ihrem Œuvre neue Facetten hinzu, entwickeln sich stetig weiter. So auch diesmal.

Wie gesagt, eigentlich wollte Åkerfeldt sich und der Band eine Pause gönnen. Als er eines Morgens seine Kinder zur Schule fuhr, war die Auszeit aber von einem Moment zum anderen vorbei: „Etwa auf halbem Wege dachte ich mir: Ich sollte auf Schwedisch singen! Ich fühlte, wie mein Fuß auf dem Gaspedal nach unten sank, um meine Kinder schneller abzuliefern und schneller ins Studio zu kommen. Das war der Auslöser.“ Åkerfeldt geht es zunächst gar nicht um Inhalte. „Texte hatte ich gar nicht von Beginn an. Nur Musik, zu der ich mir vorstellte, dass über ihr einmal schwedische Vocals liegen würden. Mich interessierte, wie sich diese Entscheidung auf die Musik auswirken würde. Würde sie überhaupt etwas verändern?“

Unbewusst steuerten Opeth durch ihre Muttersprache zumindest in eine thematisch modernere Richtung, als man es von der gerne in Naturmetaphern badenden Band gewohnt ist. Langjährige Anhänger dürften verwundert über Worte wie „algorithm“ und „online“ stolpern. Selbst politische Bezüge tauchen auf. Im Song „Svekets Prins/Dignity“ ertönt eine Neujahrsansprache des ermordeten schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme (1927-1986). Die Zeilen „Barricades of wealthy youth/Protesting their inborn truth“ („Banemannen/The Garroter“) verweisen auf aktuelle Jugendproteste. „Ich hatte keine coolen Wörter mehr, hinter denen ich mich verstecken konnte“, lacht der Verantwortliche. „Plötzlich schreibe ich zeitgemäßere Lyrics. Im Englischen finde ich alle Wörter schön. Früher habe ich teils komplette Texte auf einem schönen Wort aufgebaut.“

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