SMALLTAPE - Der menschliche Faktor

5. September 2021

Smalltape

SMALLTAPE - Der menschliche Faktor

Mit seinem dritten Smalltape-Album „The Hungry Heart“ hat Philipp Nespital nach „The Ocean“ (2017) erneut eine der besten deutschen Eigenproduktionen im melancholischen Artrock-Sektor vorgelegt. 
Seit dem Debüt „Circles“ sind inzwischen zehn Jahre vergangen, in denen sich Nespital, der ursprünglich aus dem mecklenburgischen Neustrelitz stammt, enorm weiterentwickelt hat. Wir besuchten den Wahl-Berliner in seinem gemütlichen Studio im Prenzlauer Berg, wo sich der 33-jährige Multiinstrumentalist und Produzent für die eclipsed-Delegation einen ganzen Nachmittag Zeit nahm und auch noch zu einem spontanen Fototrip durch die unmittelbare Umgebung bereit war.

eclipsed: Philipp, fallen wir gleich mit der Tür ins Haus. Wenn dein Musikstil umschrieben wird, fällt immer wieder ein Name: Steven Wilson. Wie gehst du mit diesem Vergleich um?

Philipp Nespital: Steven Wilson ist auf jeden Fall in meiner musikalischen DNA, auch wenn ich persönlich auf dem neuen Album nicht so viele Parallelen höre; aber der Mann ist ein großartiger Künstler und Produzent, und von daher fühle ich mich natürlich sehr geehrt.

eclipsed: Inwiefern hat dein Studium bzw. dein derzeitiger Job Einfluss auf Smalltape genommen?

Nespital: Ganz offiziell bin ich „Tonmeister für audiovisuelle Medien“. Ich habe in Potsdam-Babelsberg studiert und arbeite als Tonmeister, Sound Designer und Komponist. Und natürlich haben sich die letzten Jahre da schon auch ausgewirkt, vor allem auf die Produktion. Gerade die 5.1-Version von „The Hungry Heart“ liegt mir doch sehr am Herzen.

eclipsed: „The Hungry Heart“ wird als Doppel-CD veröffentlicht, allerdings hätte das Album auch komplett auf eine Einzel-CD gepasst.

Nespital: Am Ende war es keine technische, sondern eine künstlerische Entscheidung. Kompositorisch sind alle zehn Songs natürlich miteinander verwandt, aber es ergab musikalisch und dramaturgisch Sinn. Wie eine Art Akt-Trennung, denn die ersten acht Tracks bilden ein Kapitel für sich und haben mit knapp 45 Minuten schon Album-Länge. „Dissolution“ ist kompositorisch das Herzstück und steht mit seinen eigenen fünf Kapiteln für sich. Dementsprechend hat es sich gut und richtig angefühlt, die Akte auch physisch zu trennen.

eclipsed: Gerade auch inhaltlich unterscheidet sich „The Hungry Heart“ stark vom Vorgänger ... 

Nespital: Zunächst einmal ist es kein Konzeptalbum, sondern eine Sammlung von Songs, die nur teilweise miteinander in Verbindung stehen und jeweils unterschiedliche Themen behandeln, wie z. B. die globale Erwärmung, Rassismus, Entfremdung oder den Umgang mit seelischer Gesundheit. Das macht das Album thematisch gesehen breitgefächerter und auch weniger introvertiert als „The Ocean“. Kompositorisch wiederum sind die Songs stark miteinander verknüpft, gerade in der Verarbeitung von musikalischen Themen. Es gibt halt Themen, die sind einfach zu gut, um sie nur einmal zu verwenden (lacht). Diesen progressiven Ansatz haben beide Alben gemeinsam.

Lest mehr im aktuellen Heft ...