Solar Project um Keyboarder Robert Valet sind abonniert auf Konzeptalben im Stile Pink Floyds und von Prog-Größen wie Genesis. Das neue Werk „Restless“ ist in der Art eines Reisetagebuchs gestaltet. Drei Longtracks thematisieren Reisen per Bahn, Segelschiff und zu Fuß. Mastermind Valet gibt Aufschluss darüber, wie das Album entstanden ist.
eclipsed: „Restless“ ist ein musikalisches Reisetagebuch. Auf welchen tatsächlichen Reisen beruht es?
Robert Valet: Inhaltlich beschreibt das Album eine von Fernweh geplagte Person und die damit verbundene Suche nach ihrer eigentlichen Bestimmung. Letztendlich führt die Suche zur Erkenntnis, dass die Reisen lediglich eine Flucht vor der Realität darstellen und dem Ziel der inneren Ruhe dienen, was aber nur temporär greift. Grundlage hierfür sind Reisen, die ich in den letzten Jahren unternommen habe, und die damit verbundenen Gedankengänge. Seit den 80ern bin ich häufig mit der Bahn durch die Republik gefahren, da Verwandte und auch Freunde teilweise weit entfernt wohnen. Ich habe viel Zeit in Zügen und Bahnhöfen zugebracht. In der Regel war es die West-Ost-Route. Ein sehr guter Freund von mir ist zudem Eigner eines Plattbodenschiffs, wodurch ich die Möglichkeit hatte, in den letzten 25 Jahren öfter Segeltörns überwiegend in Friesland/Niederlande mitzuerleben. Das heißt abschalten, runterkommen und die Seele baumeln lassen. Viel Zeit, um über den Sinn des Lebens nachzudenken, da man sich ansonsten nur mit elementaren Dingen des Lebens beschäftigen muss. Der fußläufige Teil bezieht sich überwiegend auf meine Heimat. Der letzte Teil-Track „Ants In The Pants“ beschreibt die wiederkehrende Unruhe.
eclipsed: Wer zeichnet denn für die Kompositionen verantwortlich?
Valet: Musikalisch entwickeln Gitarrist Peter Terhoeven und ich die Stücke gemeinsam. In der Regel entstehen zu Beginn einige Basics und Melodielinien, die dann im Folgenden zu Einheiten wie Intro, Extro, Strophe, Refrain und Bridge mutieren. Wenn das Grundgerüst vorbereitet ist, kommen die anderen Musiker ins Studio und verleihen der Produktion ihre vielfältigen Farben.
eclipsed: Wie kam es zur Idee, diese Reisen musikalisch umzusetzen? Ihr macht ja immer Konzeptalben. Letztes Mal bei „Ghost Lights“ ging es um ökologische Fragen …
Valet: In diesem Fall bin ich über ein paar Sound-Samples von ein- und abfahrenden Zügen gestolpert, und dadurch war die Grundidee der Reise da. Der inhaltliche Rest ist dann normalerweise ein Selbstläufer. Bei früheren Alben ist es auch schon vorgekommen, dass die Texte fertig waren, bevor die erste Note geschrieben war. Meistens sind es aber die ersten Takes, die eine gewisse Stimmung ausdrücken und einen zu einem bestimmten Thema inspirieren, so wie z.B. bei „Ghost Lights“. Man muss einfach nur offen und bereit sein, spontane Ideen aufzunehmen, und diese dann konsequent umsetzen.
eclipsed: Der da vorn auf dem Cover posiert – bist du das? Und im Booklet innen Sängerin Sandra Baetzel?
Valet: Ich habe aus der Not eine Tugend gemacht und Bildmaterial von mir von diversen Segeltörns u.a. für das Cover herangezogen. Bei der weiblichen Person hat mir eine sehr gute Freundin, Claudi van Es, „Modell“ gestanden.
eclipsed: Grundsätzlich bleibt ihr euch ja im Prog-Kosmos zwischen Floyd und Genesis mit vielen schönen Soli treu. Eher neu sind die auch mal leicht jazzigen Farben. Sehr schön hier das Sax von Sandra – war eine Ähnlichkeit zu Supertramp Absicht, oder kam das eben, weil auch Floyd immer damit gearbeitet haben?
Valet: Sandra ist seit Anfang der 2000er dabei und für uns ein echter Glücksgriff. Zu Beginn „nur“ für Saxofon eingeplant, hat sich gezeigt, dass sie auch eine wunderbare Stimme besitzt und aufgrund ihrer vielseitigen Musikalität problemlos notierte Backvocal-Linien einsingen kann. Darüber hinaus harmoniert ihre Stimme perfekt mit der unseres Leadsängers Holger vom Bruch. Die jazzigen Einschläge in unserer Musik gab es bei uns schon auf vielen Alben, allerdings immer recht dezent, da wir von unserem eigentlichen Prog-Stil nicht zu sehr abzuweichen wollen. Eine Ähnlichkeit zu Supertramp oder Floyd ist aufgrund unseres Musikgeschmacks und der Instrumentierung sicherlich nicht ganz von der Hand zu weisen, spielt aber bei unseren Überlegungen zu den Kompositionen keine Rolle.
eclipsed: Die Band ist mit dir, Peter, Holger, Sandra und Bassist Sebastian Jungermann ja sehr stabil. Nur Schlagzeuger Florian Schlott ist noch nicht so lange dabei. Wie macht ihr das eigentlich alle paar Jahre? Ich gehe davon aus, dass ihr alle auch „geregelten“ Jobs nachgeht, oder?
Valet: Das ist richtig. Wir haben das Privileg, dass wir nicht davon leben müssen. Da es sich bei all diesen Musikern um extrem zuverlässige und vor allem – ganz wichtig – äußerst nette und lebensfrohe Menschen handelt, macht das Arbeiten mit ihnen unglaublich Spaß. Das ist auch ein Grund dafür, dass das ganze Projekt schon so lange läuft. Wir haben nicht wirklich Zeitdruck bei der Realisierung unserer Alben. Der Einzige, der Druck macht, bin ich, halt der bad guy (lacht). Sogar die Plattenfirma Green Tree Music lässt uns vollkommen freie Hand.
eclipsed: Ich gebe zu, dass ich den Gesang von Holger etwas problematisch, zumindest aber Geschmackssache finde. Am spannendsten seid ihr gesanglich, wenn Sandra und er gemeinsam am Mikro arbeiten. Habt ihr auch mal an einen weiteren männlichen Counterpart gedacht?
Valet: Das ist schade, denn wir sind große Fans von Holger und seinem Gesang – und nicht nur in Kombination mit Sandra. Solar Project funktionieren als Einheit in dieser Konstellation wunderbar, deshalb beschränken wir das Einbinden von Gastmusikern auf ein Minimum.
eclipsed: Habt ihr schon Ideen für ein weiteres Werk? Wann kann man damit rechnen?
Valet: Seit 2021 arbeiten wir an einer Rock-Adaption von Mussorgskys „Pictures At An Exhibition“. Das ist Neuland für uns, aber die ersten Resultate sind vielversprechend. Einen genauen Veröffentlichungstermin kann ich nicht nennen, voraussichtlich 2024.
eclipsed: Gibt es euch eigentlich auch live?
Valet: Live-Aktivitäten sind zurzeit nicht geplant. Der Aufwand hierfür ist immens, und die Zeitfenster der Mitstreiter sind leider limitiert. Aber man weiß nie, was noch passiert.
* * * Interview: Walter Sehrer