Es gibt Musiker, deren Tod der Endpunkt einer großen Laufbahn ist, und es gibt solche, mit deren Ableben eine Ära endet. Letzteres trifft zweifellos auf den japanischen Sänger Damo Suzuki zu. Am 9. Februar 2024 erlag er 74-jährig einem langjährigen Krebsleiden.
Damo Suzuki auf die Rolle eines Sängers zu reduzieren, würde allerdings viel zu kurz greifen. Er war eine Art Fabelwesen, ein Schlangenmensch, ein Zentaur, der mittels Bewegung und Körperchemie Laute hervorbrachte, für die der Ausdruck Gesang völlig unzureichend ist. Suzuki war zugleich Schamane und Erfinder, der mit seiner Seele ganze Hallen ausfüllen konnte. Er improvisierte nicht im klassischen Sinne, sondern erfasste spontan eine soziale und künstlerische Situation, um mit seinem vokalen Repertoire und seiner spirituellen Intuition unmittelbar darauf zu reagieren.
Zwar war er nicht der allererste Freestyler des Rock, da Captain Beefheart schon vor ihm Adhoc-Texte kreiert hatte. Suzuki experimentierte jedoch nicht nur wie Beefheart mit Texten im herkömmlichen Sinn, sondern reihte Silben aneinander, wiederholte und modifizierte sie zu endlosen Ketten, spielte mit Klangfarben und funktionierte seine Stimme zu einem geradezu transzendenten Instrument um, durch das man hindurchhören zu können meinte. Wie kein anderer Sänger vor ihm vereinte er auf der Basis des Rock Einflüsse von ritueller Musik verschiedener Kulturen, Dada, Fluxus und Minimal Music. Das gesamte Spektrum aktueller musikalischer Strömungen von Free Jazz bis Rock, von Pop bis HipHop wäre ohne ihn nicht das, was es heute bereits seit Jahrzehnten ist.
Ins kollektive Gedächtnis hat sich Damo Suzuki vor allem als Sänger der deutschen Band Can eingeschrieben, die gemeinhin dem recht unpräzisen Begriff Krautrock zugeordnet wird. Dass er dort Nachfolger des erratischen Malcolm Mooney wurde, war reiner Zufall ...