DEEP PURPLE - Made in England

5. April 2018

Deep Purple

„Deep Purple ist das Beste was mir in meinem Leben widerfahren ist“, sagt Ian Gillan, und nicht wenige Musikliebhaber weltweit können sich dieser Aussage für sich selbst anschließen. Deep Purple wurden vor fünfzig Jahren ins Leben gerufen. Für eclipsed ist dieser besondere Jahrestag einer der wichtigsten Gruppen in der Entwicklung des Hardrock Anlass, in dieser und den kommenden fünf Ausgaben das Phänomen Deep Purple von unterschiedlichen Seiten zu beleuchten. Ein halbes Jahrhundert lebendige Rockgeschichte hat die einst von Jon Lord und Ritchie Blackmore geführte Formation geschrieben. Neben grandioser Musik produzierten die Engländer, zumindest solange Blackmore Teil der Truppe war, auch immer wieder Schlagzeilen bezüglich interner Streitigkeiten. Wo gehobelt wird, fallen Späne.

Die Entwicklungsgeschichte der Band, die den Hardrock mit aus der Taufe hob und diesen salonfähig machte, ist eine sehr interessante. Tatsächlich stand sie nämlich nicht immer für die testosterongeschwängerte Breitseite. Gerade in ihren Anfangsjahren zeigten Deep Purple große Lust am Experiment, ließen progressive Einflüsse zu und setzten sich dank Jon Lord ernsthaft mit der klassischen Musik auseinander. Diese Beschränkung auf den brettharten, von Orgel und Gitarre dominierten Bluesrock kam von außen, etwa von der Jury der Rock and Roll Hall of Fame, die die Pionierarbeit der Gruppe lange Zeit nicht anerkannte und sie als One-Hit-Wonder schmähte.

„Bevor ich noch einmal für diese Band singe, schlitze ich mir lieber den Hals auf“, diktierte Ian Gillan 1989 vielen Journalisten in die Blocks. Kurz zuvor hatte ihn „diese Band“ zum zweiten Mal gefeuert. Dass es anders kam, und er sich inzwischen vollkommen versöhnlich zu Purple äußert, ist nur eine von den vielen Geschichten, die sich um die in Deutschland erfolgreichste Hardrockband ranken.

Vor fünfzig Jahren begann nicht nur die Erfolgsgeschichte von Deep Purple, sondern auch die von Black Sabbath und Led Zeppelin, die zusammen die Dreifaltigkeit des englischen Hardrock bilden. Während Sabbath als Erfinder des Heavy Metal gelten, entwickelten sich Led Zeppelin vor allem in den USA zum Prototyp einer Rockband. Doch während Zeppelin längst Geschichte sind und Sabbath ihr letztes Kapitel 2017 geschrieben haben, sind Deep Purple immer noch auf Tour. Und das ist vielleicht auch eines der größten Unterscheidungsmerkmale von Purple in Bezug auf die beiden anderen Megabands: Deep Purple sind in erster Linie ein Liveact.

Made In Japan

In ihrer Geschichte, die eine Auszeit in den Jahren 1976 bis 1984 miteinschließt, waren Deep Purple im Grunde genommen immer auf Tour. Als Bob Ezrin, der Produzent der letzten Studioalben „Now What?!“ (2013) und „Infinite“ (2017) sich vom Wesen der Band ein Bild machen wollte, besuchte er sie nicht im Proberaum. „Um Purple zu verstehen, musst du sie auf der Bühne sehen. Da entwickeln sie ihre Stärken, und da erzeugen sie Abend für Abend mit einer ungeheuren Spielfreude eine Magie, die ihresgleichen sucht.“

Es kommt nicht von ungefähr, dass das Livealbum „Made In Japan“ (1972) die Band am besten repräsentiert. Und das, obwohl sie mit Studiowerken wie dem bahnbrechenden „Deep Purple In Rock“ (1970), der Classic-Rock-Fundgrube „Machine Head“ (1972), der furiosen Neudefinierung „Burn“ (1974) oder dem grandiosen Reunionwerk „Perfect Strangers“ (1984), Rockgeschichte geschrieben hat und künstlerisch wie kommerziell äußerst erfolgreich war.

We Can Work It Out

Blackmore war immer ein großer Freund von Coverversionen. „In späteren Purple-Jahren gab es aber immer große Diskussionen, wenn ich mal davon sprach, den einen oder anderen Song zu covern. Die späteren Rainbow-Tracks ‚Black Sheep Of The Family‘ [von Quatermass] und ‚Still I’m Sad‘ von den Yardbirds hätte ich auch gerne mit Deep Purple gemacht, aber ein Blick in die Gesichter verriet mir, dass sie das nur widerwillig gemacht hätten.“

In den beiden Anfangsjahren lief das Ganze noch komplett anders. Die ersten drei Alben waren gespickt mit ungewöhnlichen Coverversionen, denn Blackmore, Lord und Co. spielten diese Songs nicht eins zu eins nach, sondern arrangierten die Stücke zum Teil komplett um. Nummern wie „Help!“ und „We Can Work It Out“ von den Beatles, „Lalena“ von Donovan, „Hey Joe“, „River Deep – Mountain High“ und natürlich Joe Souths „Hush“ dienten der frisch zusammengestellten Band als Vorlage zum experimentellen Höhenflug. Auch konnte man da von Deep Purple, trotz einiger aggressiver Blackmore-Riffs, noch nicht als Hardrockband sprechen. In der Phase der Mk. I waren sie eine psychedelisch-progressive Rockformation, die sich auch vor Popmelodien nicht scheute und bei der Lord immer wieder sein Faible für klassische Musik als wichtiges Soundelement mit einbrachte.

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