DICE - Versprochen ist versprochen!

5. September 2023

Dice XXL-Interview

DICE - Versprochen ist versprochen!

Die deutsche Artrock-Band DICE funktioniert wie ein Uhrwerk. Jahr für Jahr veröffentlicht die Band um Sänger/Keyboarder/Bassist/Rhythmusgitarrist Christian Nóvé ein neues Album – und das schon seit 1997. Und auch ihrem Stil bleiben DICE treu: Artrock, der dem Klang der 70er Jahre gewidmet ist und aus dem man Genregrößen wie Pink Floyd und Eloy heraushören kann. Das ist auch auf dem neuen „Chronicles Of The Last Self Thinkers“ so. Dem 25. Studioalbum der Band.

DICE – ursprünglich 1974 in Gütersloh von Christian Nóvé gegründet und nach einem Studioalbum wieder ad acta gelegt, später Anfang der 90er Jahre von Nóvé in Leipzig neu reaktiviert – gehört zu den fleißigsten und kreativsten deutschen Artrockbands. Neben den nun 25 Studioalben stehen auch vier Livealben im Backkatalog. Neben Nóvé besteht die Band aktuell aus dem Leadgitarristen Peter Viertel, Tom Tomson (Schlagzeug) und Ramona Nóvé (Chorgesang). Der US-Amerikaner Dennis Lee Small schreibt die Lyrics. Gegenüber eclipsed gab Christian Nóvé gern Auskunft über das neue Album und DICE im Allgemeinen. 

eclipsed: „Chronicles Of The Last Self Thinkers“ ist euer 25. Studioalbum. Wie fühlt sich dieses Jubiläum an?

Christian Nóvé: Ja schön - wie hart erarbeitet. 

eclipsed: Das neue Album ist der Abschluss einer Trilogie, die mit den beiden vorherigen Alben begann. Beschreibe doch bitte mal den lyrischen Leitfaden der Trilogie.

Nóvé: Es war mir von Anfang an klar, dass ich mit unserem US-amerikanischen Texter Dennis Lee Small mal wieder etwas härtere Arbeit vor mir haben würde, denn ich habe eine extreme Schieflage in der Welt bemerkt, die ich leidenschaftlich anklagen wollte. Wir philosophieren hier darüber, wie weit die Politiker (mit einer unerklärlich großen Unterstützung der Medien) unsere Freiheit einschränken dürfen – und was derartige Einschränkungen zur Folge haben. Klar, in der Vergangenheit ist die Band DICE eher dafür bekannt gewesen, Fantasy und Science-Fiction-Themen in ihren Songs zu beschreiben. Diesmal war mir bewusst, dass ich mir irdische Themen von der Seele schreien wollte – und das konnte man nicht, in diesem Fall, mit einem Album abarbeiten. In den Albumtiteln kann man auch klar ablesen, worum es geht: „The Madhouse In Paradise“, „The Space In Free Isolation“ und „Chronicles Of The Last Self Thinkers“.

eclipsed: Du spielst nun schon seit gefühlten Ewigkeiten mit Peter Viertel zusammen. Wie gestaltet sich Eure Zusammenarbeit? Wie hat sie sich über die Jahre verändert? Was schätzt Du an ihm besonders?

Nóvé: Peter ist ein genialer Gitarrist, der extrem schnell begreift, was ich in meinen Kompositionen von ihm erwarte. Von Anfang an wusste er, wie ich mit ihm zusammenarbeiten will: Er kommt in mein Tonstudio und spielt ohne Vorbereitung spontan auf meine Titel die Gitarrenparts ein. Dadurch entstehen bei jedem neuen Song Gitarrenfarben und eine Frische, die sonst nicht zu erreichen wäre. An einem Tag arbeiten wir fünf Stunden sehr intensiv an einem Titel – und die Gitarrenarbeit ist danach erledigt – ohne Nachkorrekturen von ihm. Und da Peter diese tolle Fähigkeit hat, passt dieses Konzept.

eclipsed: Wie siehst du eure Weiterentwicklung seit der Neugründung in den 90er Jahren?

Nóvé: Die Weiterentwicklung zeigt sich für mich vor allen Dingen darin, dass ich in den letzten Jahrzehnten gelernt habe, in meinem Tonstudio soundtechnisch vernünftige Ergebnisse zu erreichen. Anfangs war ich ein dilettantischer Toningenieur. Heute geht mir die Arbeit gut von der Hand. Kompositionstechnisch hatte ich schon immer eine sprudelnde Kreativität.

eclipsed: Liebst Du alte Moog-Sounds? Oder Vintage-Keyboards-Sounds?

Nóvé: Na klar. Ich bin ein Kind der 70er Jahre. Mein Gehör will genau diese Moog- und Vintage-Keyboards-Sounds.

eclipsed: Ihr seid ein Wunder an Beständigkeit: Wie schafft ihr es, seit 1997 regelmäßig Jahr für Jahr, pünktlich, quasi fast immer genau nach 12 Monaten ein Album fertigzustellen?

Nóvé: Da bin ich stur. Ich habe unseren Fans versprochen, jedes Jahr ein neues DICE-Album zu veröffentlichen, und solange ich lebe, werde ich genau das tun. Die Ideen fließen und fließen und fließen.

eclipsed: Ich muss darauf zu sprechen kommen: All eure letzten Alben sind bis auf wenige Sekunden exakt eine Stunde lang. Das ist doch ein Running Gag, oder?

Nóvé: Ich bin ein Fan von Konzepten. DICE-Alben haben immer dieses kleine Raumschiff auf dem Cover und DICE-Alben sollen nun (wennʼs geht) immer 60:00 Minuten Länge auf dem CD-Player anzeigen. Das macht Spaß! 

eclipsed: 2021 hatte ich in der Review zu „The Madhouse In Paradise“ geschrieben: „DICE sind nah dran am Pink Floydschen Artrock, versehen ihn mit einer leicht kosmischen Variante und progrockigen Elementen.“ Kannst du dem als allgemeine Beschreibung zustimmen? Oder wie siehst du das?

Nóvé: Ich finde, dass du damit den Nagel auf den Kopf getroffen hast. Es ist mir eine Ehre! 

eclipsed: Im nächsten Jahr liegt die Gründung von DICE 50 Jahre zurück. Denkt ihr schon an das Jubiläum? Habt ihr was Besonderes vor?

Nóvé: Da ich permanent extrem knapp bei Kasse bin, wäre es mir lieber, wenn das 50er Jubiläum von den Medien gebührend gefeiert werden würde. Mich würde es freuen.

eclipsed: Wir werden demnächst eine größere Story zum Thema „Ostrock“ bringen. Dice sind zwar keine „Ostband“, sind jetzt aber in Leipzig beheimatet. Habt ihr Kontakt zu anderen aktuellen (Artrock/Prog-)Bands aus dem Osten? Oder gar zu alten Bands von damals?

Nóvé: Jetzt bin ich seit 30 Jahren in Leipzig beheimatet – und werde mit meiner Band immer noch nicht als „Ostband“ wahrgenommen. Mein Vater kommt noch mehr aus dem Osten: aus Ungarn. Und eigentlich ist es egal, wo ich wohne, da ich ein Einzelgänger bin. Da Peter Viertel aus dem Osten ist, weiß er von den Bands von damals zu berichten und meine Frau Ramona ist auch „Ostfrau“ und erzählt mir viel von damals...

* * * Interview: Bernd Sievers