Es ist gerade viel los im Leben von Stuart „Stu“ Nicholson. Zwei Alben innerhalb von 13 Monaten zu promoten ist das eine. Das andere sind schwierige private Umstände, die den Galahad-Sänger beschäftigen. „Ich komme gerade von meinem Vater“, erzählt er im Zoom-Interview, für das er sich in sein Heimstudio zurückgezogen hat. „Er ist an Demenz erkrankt, und ich kümmere mich zusammen mit meinem Bruder um ihn.“ Der erste Hinweis auf das neue Album „The Long Goodbye“, das im Titeltrack das Thema Demenz aufgreift? Nur zum Teil. Denn die Vorgeschichte beginnt früher: „Ich habe den Text tatsächlich schon vor ein paar Jahren zu schreiben begonnen, als meine Tante und meine Mutter an Demenz litten. Dann sah ich den Film ‚Still Alice‘, in dem es auch darum geht. Erst später ist auch mein Vater an Demenz erkrankt.“ Der Titeltrack ist mit rund 13 Minuten Spieldauer der wichtigste Song auf der neuen Platte. Dabei nennt Nicholson die selbst erfüllenden Prophezeiungen seiner Lyrics „bizarr“ und zitiert Oscar Wilde: „Life imitates art.“ Das Leben hat die Kunst eingeholt – und das nicht zum ersten Mal.
Ein anderes Beispiel auf dem neuen Album ist der Song „The Righteous And The Damned“, in dem Nicholson seine eigene Textzeile „Empires never last“ noch einmal aufleben lässt. Diese sei mit Blick auf den Krieg in Gaza wieder brandaktuell. Seinen Humor hat er angesichts der Tragödie trotzdem nicht verloren: „Life imitates art – immer wieder. Ich sollte in Zukunft besser aufpassen, worüber ich schreibe.“ Musikalisch bleiben Galahad für Überraschungen gut, wie etwa das ungewöhnliche „The Right-eous And The Damned“ zeigt. Ein Track, der von Straßenmusikern aus Krakau inspiriert ist und der mit einem naiv-kindlichen Gesang im Stil von System Of A Down daherkommt. Er sorgte bei vielen Fans für Irritationen, wie Nicholson bestätigt. „Der Song war meine Idee. Es hat auch gedauert, bis ich die anderen überzeugt hatte“, lacht er. „Wir wussten, dass der Song polarisieren würde.“ Aber das ist Nicholson egal: Erwartungen zu erfüllen sei noch nie die Absicht der Band gewesen. Als damals Keyboarder Dean Baker zur Band gestoßen sei und mehr elektronische Elemente einbrachte, habe dieser Bedenken gehabt, den Sound zu sehr zu verändern, um die Fans nicht zu vergraulen. „Da habe ich ihm gesagt: Wir schreiben immer noch für uns selbst!“