GRAHAM NASH - Der Mahner

GRAHAM NASH - Der Mahner

Auch mit 81 ist Altmeister GRAHAM NASH auch ohne seine Mitstreiter von CSN bzw. CSNY noch als politischer Aufklärer unterwegs. Sein neues Album „Now“ ist eine schallende Ohrfeige für selbstgerechte Machtmenschen aus Politik und Wirtschaft und zugleich eine Hommage an seinen verstorbenen Busenfreund David Crosby.

Schneeweißes Haar, hagere Statur und Antworten, die vor Idealismus strotzen: Der Mann aus Blackpool, der seit Ende der 60er in den USA lebt und mit den Hollies wie mit CSN (bzw. CSNY) zum Weltstar wurde, sieht sich weiterhin als mahnende Stimme der Vernunft. Deutlich wird dies auf seinem ersten Soloalbum seit sieben Jahren, das ganz nebenbei zu seinen stärksten zählt – und auch in dem erfrischend offenen Gespräch, das er mit eclipsed führte.

eclipsed: Graham, dein neues Album besteht aus zwei Teilen: Liebeserklärungen an deine dritte Frau Amy sowie Songs, die etwas von einer Abrechnung mit der Ära Trump haben. Ist es das, was dich aktuell beschäftigt: Liebe und Politik? 

Graham Nash: Liebe ist immer wichtig, aber bei den politischen Songs geht es nicht nur um Trump, sondern auch um Mitch McConnell, Kevin McCarthy, Ted Cruz und all die Machtmenschen, die meinen, sie hätten Antworten auf alles. Dabei muss es doch auch ein paar Republikaner mit Hirn geben. Warum sind sie alle so blind für das, was Trump wirklich ist – ein schrecklicher Mensch? Ich verstehe nicht, warum sie an ihm festhalten. Aber der Schlimmste ist Ron DeSantis. Er ist noch übler als Trump, weil er intelligenter ist. Wenn er Präsident wird, werde ich die USA verlassen.

eclipsed: Du verstehst dich also als politischer Songwriter?

Nash: Es ist die Pflicht eines Künstlers, das zu reflektieren, was um ihn herum passiert, einschließlich des Aufstiegs der Rechten, gerade in den USA. Wir müssen über Trump und seine Zerstörung der Wahrheit reden. Wir müssen über Umweltprobleme reden – über alles, was um uns herum geschieht. Das ist es, was ich mein ganzes Leben getan habe: Ich habe beobachtet und Hoffnung und Optimismus verbreitet. 

eclipsed: Wie erklärst du dir, dass die gesellschaftliche Revolution der 68er-Bewegung, zu der auch du zählst, offensichtlich gescheitert ist?

Nash: Es hat mit der Kontrolle zu tun, die multinationale Großkonzerne und Regierungen über die Medien ausüben. Bis vor Kurzem wurden nicht einmal Fotos all dieser flaggenumhüllten Särge gezeigt, in denen verstorbene Soldaten aus Afghanistan abtransportiert wurden. Und man hat nie etwas darüber gehört, was in Panama passiert ist. Denn es wird kontrolliert, was man sieht – und dann zur Wahrheit erklärt. Ich meine, schau dir an, was gerade mit Putin und der Ukraine passiert: Er erzählt seinen Landsleuten, es wäre eine militärische Spezialoperation. Dabei ist es ein Krieg, in dem täglich Tausende von Menschen sterben und der sich einzig gegen die Demokratie richtet. Das passiert weltweit. Und ich frage mich, wie wohl das Leben in hundert Jahren aussieht. Werden wir dann überhaupt noch hier sein? Wird uns Künstliche Intelligenz kontrollieren – statt wir sie? Eine spannende Sache. Ich werde es nicht erfahren, wenn ich nicht 100 werde. Also muss ich so lange durchhalten …

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