Schon der aufsehenerregende Albumtitel fordert zur Nachfrage heraus. Von wem spricht die Sängerin der New Yorker Progrock-Band IZZ da? Ist „The Most Dangerous Woman In America“ etwa Laura Meade selbst? Oder an welche Frau(en) denkt sie? Auch musikalisch kann das zweite Soloalbum überzeugen. Ein elektronisches Klangbild hat den Rest zarten Folks in ihrem Artpop der Marke Kate Bush/Tori Amos hinweggefegt.
Starke Frauen werden in der Gesellschaft mundtot gemacht
2018 hatte sich Laura Meade erstmals von ihrer Band unabhängig gemacht und mit „Remedium“ ein Soloalbum eingespielt. Nun ist sie zurück, stärker, mutiger und eigenwilliger denn je, kann mit einem eigenständigen Sound jenseits von IZZ und einem spannungsreichen thematischen Konzept überzeugen, das viele Fragen aufwirft. Auf dem Cover des neuen Werks posiert sie noch mit blonden Haaren, im Skype-Interview zeigt sie sich nun bereits wieder brünett wie zuvor. Ein Käppi verleiht Meade einen burschikosen Look, sie ist äußerst charmant und lebenslustig, ein wahrer Sonnenschein, von Gefahr keine Spur. Trotzdem muss die Frage gestellt werden: „Laura, wer ist nun die gefährlichste Frau der Welt? Du selbst wohl nicht, oder?“ Sie schenkt mir ein wunderbares offenes Lachen: „Ja, wer ist es? Das Albumkonzept ist definitiv von einer ganz bestimmten Frau inspiriert, aber tatsächlich bezieht es sich auf viele Frauen, die in Amerika und weltweit als ‚gefährlich‘ eingeschätzt werden. Es geht um Frauen, die vergessen wurden und werden. Deren Geschichte – und wie sie mundtot gemacht wurden – soll erzählt werden!“ Um wen es sich konkret handelt, möchte sie allerdings nicht verraten: „Wenn man den Namen nennt, dann hört man das Album nur noch in diesem Licht, und das würde die Thematik verengen.“
Hollywood-Maschinerie verschlingt Frauen
Wer aber könnte grundsätzlich gemeint sein? Schwarze Frauen? Unterbezahlte Frauen? Sexuell missbrauchte Frauen? „Die konkrete Inspiration kommt von Frauen, die in Hollywood und überhaupt den Medien falsch dargestellt werden. Diese Hollywood-Maschinerie zermalmt Frauen und spuckt sie am Ende aus.“ Es könnte also etwa von der Filmikone Marilyn Monroe die Rede sein, konzediert Meade dann doch. Bezogen auf die Gegenwart scheint die aktuelle MeToo-Bewegung, in deren Zuge vor allem unzählige Frauen von sexuellen Übergriffen berichten, ein Auslöser für das Album gewesen zu sein ...