Long Distance Calling haben sich längst in der deutschen Postrock- und New-Artrock-Szene etabliert. Nach gut zehn Jahren im Geschäft und zuletzt zwei Alben mit Gesang kehrt das Münsteraner Instrumentalrockquartett jetzt zu seinen Ursprüngen zurück und erschafft mit dem neuen Werk „Boundless“ eines seiner stärksten Statements.
Bassist Jan Hoffmann sieht manches kritisch im bisherigen Schaffen seiner Band Long Distance Calling. Mit der aktuellen Situation, die sich die Gruppe über Jahre erarbeitet hat, aber ist er zufrieden. Was nicht nur, aber auch am neuen Album liegt, wie er im Gespräch mit eclipsed betont.
eclipsed: „Out There“, der Opener des neuen Albums, geht sofort in die Vollen.
Jan Hoffmann: Ja, wir wollten gleich mit der Tür ins Haus fallen. Nach den letzten beiden Alben mit Gesang bestand bei uns etwas Unsicherheit. Das Album ist in der Tat an einigen Stellen härter, als wir es je waren. Das hat sich einfach so beim Schreiben entwickelt.
eclipsed: Andererseits spielt ihr auf „Boundless“ auch gehörig mit den Gegensätzen Laut/Leise und Schnell/Langsam.
Hoffmann: Bei aller Härte müssen auch Melodien dabei sein. Diese Dynamik ist uns wichtig. Wir sind bei den Aufnahmen an einen Punkt gelangt, an dem wir dachten: Das wird jetzt aber ganz schön heavy, wir brauchen auch ruhige Songs.
eclipsed: Ihr habt euch bei „Boundless“ auf eure Wurzeln besonnen und seid einfach zu viert, ohne Gastmusiker, ins Studio gegangen. Warum die Rückbesinnung?
Hoffmann: Unsere ersten drei Alben hatten wir gemeinsam geschrieben. Alles war einfach. Bei den Alben vier und fünf hatten wir Sänger und Gastmusiker dabei. Das war schwierig, es waren nicht immer alle verfügbar. Obwohl wir musikalisch einen unterschiedlichen Background haben, kommen wir zu viert schnell auf eine Wellenlänge. So fühlen wir uns am wohlsten. Die Stimmung im Studio war entspannt wie schon lange nicht mehr.
eclipsed: Das Gesangsexperiment ist also ad acta gelegt. Ist es gelungen oder gescheitert?
Hoffmann: Weder noch. Auf die Verkaufszahlen der Alben hatte das keinen Einfluss. Manche fanden das gut, manche schlecht. Auf jeden Fall war das für uns eine lehrreiche Erfahrung. Ich denke, unser Songwriting ist jetzt viel besser. Wenn du Songs mit Gesang schreibst, musst du mehr auf das Songwriting achten. Unser neues Album wäre nicht so geworden, wenn es die beiden davor nicht gegeben hätte. Im Übrigen ist alles, was wir für das Album geschrieben haben, auch auf dem Album gelandet. Es gibt keine Outtakes. Labels oder Produzenten wollen gern mehr Material. Aber wir wollen das nicht. Die Songs müssen auch richtig gut sein. Statt zwanzig gute Songs machen wir lieber acht sehr gute.