Als sich Michel St-Père aus seinem Studio in Montreal zum Zoom-Interview dazuschaltet, nimmt nebenan gerade seine Zweitformation Huis ihr neues Album auf, das er mischt. Mit eclipsed spricht der Gitarrist und Keyboarder mit dem markanten Ziegenbart über seine Band Mystery und deren neues Wir-Gefühl, über Hoffnung für die Menschen und was Erlösung für ihn bedeutet.
„Erlösung“ ist ein großes Wort. Trotzdem oder gerade deshalb haben Mystery ihr neues Album so benannt („Redemption“). Entstanden ist es unter dem Eindruck der jüngsten unschönen Entwicklungen auf der Welt, nicht zuletzt auch der Pandemie, die dafür gesorgt hat, dass der Nachfolger von „Lies And Butterflies“ zwei Jahre später als geplant in die Läden kam. Für die Frankokanadier um das letzte verbliebene Gründungsmitglied Michel St-Père war in dieser Situation schnell klar, dass sie mit dem neuen Album einen positiven Kontrapunkt setzen wollten: „Es ist kein Konzeptalbum. Aber über allem steht, dass wir den Leuten Hoffnung geben möchten. Wir wollten positiv bleiben, was in diesen Zeiten wirklich nicht einfach war“, sagt St-Père und fasst die Pandemie-Zeit so zusammen: „Vielleicht haben wir eine Rechnung bezahlt, um so etwas wie Vergebung zu erlangen, damit alles wieder sein kann wie vorher. Ohne Schuldgefühle. Das bedeutet ‚Erlösung‘ für mich in dem Zusammenhang.“ Das Artwork des US-amerikanischen Fotografen und Grafikdesigners Kevin Carden unterstreicht diese Botschaft: Das Cover zeigt ein kleines Mädchen, das eine Pflanze gießt, die als Leiter in den Himmel wächst und „eine Brücke baut“, so St-Père. Ein kleines Pflänzchen Hoffnung also.
Die Hoffnung, dass Mystery ein weiteres starkes Prog-/AOR-Album liefern würden, hat sich ebenfalls erfüllt. Erstaunlich ist dabei, dass die Musik auf „Redemption“ zum Teil gar nicht neu sei, wie St-Père erzählt: „Wir schrieben die Songs über einen sehr langen Zeitraum. Einige Songs wie ‚My Inspiration‘ lagen jahrelang in der Schublade. Ich habe es vor 30 Jahren geschrieben. Nur der Mittelteil ist neu, allerdings auch schon wieder fünf Jahre alt. Aber so arbeiten wir immer.“ Noch so ein Beispiel ist „Every Note“, das Sänger Jean Pageau beigetragen hat. „Den Song hat er mir vor zehn Jahren vorgespielt. Jetzt passte er.“
