ROSALIE CUNNINGHAM - Die gute Seite der Pleite

4. Oktober 2019

Rosalie Cunningham

ROSALIE CUNNINGHAM - Die gute Seite der Pleite

Rosalie Cunningham hat eine wirtschaftlich schwierige Zeit hinter sich. In künstlerischer Hinsicht war diese Phase allerdings ein Gewinn. An deren Ende steht jetzt nämlich das großartige Album „Rosalie Cunningham“. Dessen einzigartige Mischung aus Psychedelic Rock, Prog, Beatles-Pop und Folk übt eine ungeheure Faszination aus. eclipsed kriegte die Urheberin nachmittags um vier ans Telefon. Da war diese gerade aus dem Bett gekrabbelt und noch immer müde. Doch die 29-jährige Engländerin sprach bereitwillig über ihre Odyssee.

Im Alter von sechzehn Jahren gründete Rosalie Cunningham die psychedelische Band Ipso Facto, mit der sie vier Singles veröffentlichte. 2011 rief sie Purson ins Leben, mit denen sie bis zu ihrer Auflösung 2017 zwei Alben und eine EP aufnahm und sich einen hervorragenden Ruf in Progkreisen erspielte. Es folgten zweieinhalb Jahre, in denen sie sich vollständig aus der Musikbranche zurückzog. „Das Ende der Band war vor allem in ökonomischer Hinsicht ein Desaster, sodass ich wenig Lust hatte, weiter Teil des Musikbusiness zu sein“, erinnert sich Cunningham. „Natürlich habe ich zuhause weiter Musik gemacht, wusste aber nicht, ob ich damit noch mal an die Öffentlichkeit wollte.“

Als sie sich doch zur Produktion eines neuen Albums entschied, beschloss sie aufgrund der negativen Erfahrungen mit Purson, solo zu Werke zu gehen. Doch bald folgte der nächste Rückschlag: „Ich lieh mir das Geld, um die Platte schon mal aufzunehmen, während ich sie über PledgeMusic von den Fans finanzieren ließ. Das war großartig, denn die Summe kam recht schnell zusammen und gab mir die Sicherheit, nicht auf den Schulden sitzenzubleiben. Doch dann ging die Plattform pleite und das Geld war weg. Heute habe ich einen Haufen Schulden, aber immerhin eine großartige Platte“, lacht Cunningham mit etwas Verzweiflung in der Stimme. Glück im Unglück war, dass das Label Esoteric sich bereiterklärte, das Album herauszubringen.

Es wäre auch eine Schande gewesen, wenn die acht umwerfenden Songs nicht an die Öffentlichkeit gelangt wären. Cunningham verzaubert mit einer gewagten, durchaus auch fordernden Stilmixtur: schwere Riffs, träumerisch-feierliche Folkanteile, Progsegmente, Beatles-Pop und eine nicht unwesentliche Prise Occult Rock. „Tatsächlich wusste ich zum ersten Mal in meiner Karriere nicht, was dabei herauskommen würde“, gesteht die Britin. „Bei Purson hatte ich mir immer ein Konzept überlegt und Texte und Musik aufeinander abgestimmt, damit am Ende ein organisches Ganzes stand. Jetzt war das anders, was sicherlich auch daran lag, dass ich erstens frei war und zweitens so viel Zeit hatte, einfach alles mal auszuprobieren.“

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