VVLVA - Es muss knistern!

30. Oktober 2019

Vvlva XXL-Interview

VVLVA - Es muss knistern!

Vvlva – das sind fünf junge Männer aus Aschaffenburg, die sich dem 60er/70er Jahre Retrorock verschrieben habe und nun nach dem 2018er „Path Of Virtue“ mit „Silhouettes“ das zweite Album vorlegen. Darauf bestätigen Vvlva nicht nur die Qualität des Debüts, sondern steigern sie noch. Eclipsed sprach mit Sänger Tobias Ritter.    

eclipsed: Bereits nach dem ersten Album gab es ein Interview mit eclipsed. Jetzt auch nach dem zweiten Album. Tolle Quote, oder?

Tobias Ritter: Na klar, das ist für uns eine Riesensache!

eclipsed: Jetzt so kurz nach der Veröffentlichung des neuen Albums: Kannst du sagen, was du über „Silhouettes“ denkst?

Ritter: Wir sind alle wahnsinnig froh darüber, dass die Scheibe nun das Licht der Welt erblickt. Die Platte ist im Gegensatz zu „Path Of Virtue“ mit mehr Zeit und Ruhe entstanden, da wir ungefähr wussten, was uns beim Recording und Produktionsprozess erwartet. Wir sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden, da sich die Songs auch nicht zu sehr vom Livesound unterscheiden.

eclipsed: Auf dem Album steht „All music written and arranged by Vvlva“. Heißt das, dass ihr alle zusammen im Proberaum die Songs entwickelt? Oder kommt doch einer mit vielen Ideen aus dem stillen Kämmerlein und dann werkeln alle dran?

Ritter: Das passiert mal so, mal so. Es ist meistens eine Grundidee, zu der dann jeder etwas beisteuert und am Ende wissen wir schon gar nicht mehr, was von wem kam. Das ist uns auch nicht so wichtig. Kreativ zu sein und Songs zu schreiben, ist für uns genauso schön wie aufzutreten.

eclipsed: Auf Eurer Website heißt es „Finest Organ Driven Heavy/Psych Rock“. Und natürlich gibt es jede Menge Hammond-Orgel auf dem neuen Album. Gebt ihr diesem Instrument ganz bewusst so viel Spielraum? Oder geschieht das ganz unbewusst? Was macht für Euch den Charme der Hammond-Orgel aus?

Ritter: Wir wollen der Orgel einfach genau den gleichen Stellenwert wie der Gitarre geben. Sie soll nicht nur ein reines Begleitinstrument sein. Chrissi [Anm.: Keyboarder Chris Karl] macht seinen Job verdammt gut und seine Spielweise trifft wohl nicht nur bei uns ins Schwarze, wie die Publikumsreaktionen bei den Konzerten zeigen.

eclipsed: Der Song „Gomorrha“ ist auch Deutsch gesungen. Auch auf dem ersten Album gab es einen Song auf Deutsch. Wie kommt es überhaupt, dass ihr auch mal einen Text auf Deutsch schreibt?

Ritter: Es kommt im Moment so viel schwachsinniger, deutscher Einheitsbrei im Radio, was ich absolut nicht nachvollziehen kann. Es ist wohl eine Trotzreaktion meinerseits, so etwas zu dichten. Eventuell erreichen wir so auch einmal jemanden, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist und gerne mal einen anderen deutschen Song als „Engel“ oder „99 Luftballons“ hören möchte.

eclipsed: Speziell zu „Gomorrha“: Man kann die Lyrics auf ganz verschiedene Arten interpretieren: biblisch, oder als deutscher Klassizismus oder auch ganz brandaktuell auf all den Populismus in der politischen/gesellschaftlichen Szene. Was habt ihr mit dem Text im Sinn?

Ritter: Von allem ein bisschen. Die Welt ist gerade am Durchdrehen und jeder Tag birgt eine neue Hiobsbotschaft. Man steht da und kann einfach nur den Kopf schütteln. Ich wollte wohl eher diese gefühlte Ohnmacht beschreiben.

eclipsed: Wie habt ihr einen so authentischen 60er/70er Jahre Retrosound hinbekommen?

Ritter: Also ganz so „Garage“ wie die erste Scheibe kommt „Silhouettes“ nicht mehr daher. Der Sound ist aber weiterhin fernab von poliertem Hochglanz-Rock – damit können wir einfach nicht viel anfangen. Es erzeugt einfach keine Wärme, wenn nichts knistert. Die alten Instrumente und Mikrofone sowie der Mix tun ihr Übriges.

eclipsed: Welche Weiterentwicklung gibt es gegenüber dem Vorgängeralbum?

Ritter: Durch den Besetzungswechsel am Schlagzeug hat sich schon extrem viel geändert. Die Songs kommen einfach in einer anderen Dynamik daher und alles hat mehr Druck. Ich denke, wir sind inzwischen spielerisch einfach weiter. Beim Songwriting haben wir uns keine Grenzen gesetzt und jeder Song hat seine eigenen Besonderheiten. Wir haben unserer Kreativität freien Lauf gelassen und einen Haufen Ideen in die Songs gepackt. Trotzdem sind die Songs eingängig und wirken nicht zu überladen – darauf sind wir sehr stolz.

eclipsed: Wie kommt man als junge Band überhaupt dazu, sich diesem Retrosound zu widmen?

Ritter: Es ist die Musik unserer Eltern und somit auch unserer Kindheit. Ich glaube, keiner kann bestreiten, dass es zeitlose Musik ist.

eclipsed: Ihr schwimmt mit auf der Retrorock-Welle. Wie könnt ihr da zwischen all den Bands auffallen?

Ritter: Das fragt sich wohl jede andere Band – auf sich selbst bezogen – insgeheim auch … zu bewerten, inwiefern uns das gelingt, überlasse ich gern anderen.

eclipsed: Ihr seid dieses Jahr beim Herzberg-Festival aufgetreten. Wie war’s?

Ritter: Das Festival ist echt einzigartig und dass wir dort um so eine Uhrzeit spielen durften, vor so vielen Menschen, war schon geil. Wir waren nur etwas zu früh auf dem Gelände und haben uns von dem Vibe krass anstecken lassen. Bis es endlich los ging, war der ein oder andere von uns schon etwas angeheitert. Das Feedback war trotzdem geil und es scheint keinen gestört zu haben, dass wir uns ein, zwei Mal etwas verhauen haben. Wir würden uns sehr über einen nächsten Gig dort freuen!

eclipsed: Demnächst geht ihr auf Tour. Steigt die Aufregung und die Vorfreude bereits?

Ritter: Weniger Aufregung als Vorfreude! Wir sind extrem heiß und wollen in jeder Stadt alles geben! Egal ob vor 5 oder 500 Gästen, wir haben immer Spaß auf der Bühne und ich denke, das merkt man uns auch an.

*** Interview: Bernd Sievers