YES - Auf der Suche nach dem ›heiligen Klanggral‹

5. Oktober 2021

Yes

YES - Auf der Suche nach dem ›heiligen Klanggral‹

Die 1968 gegründeten Yes zählen neben King Crimson und Van der Graaf Generator zu den dienstältesten noch aktiven großen Bands des Progressive Rock. Umso erstaunlicher ist, dass sie nicht nur nostalgisch in alten Erfolgen schwelgen, sondern mit »The Quest« nach sieben Jahren wieder einmal ein neues Werk am Start haben. Gemeinsam mit den aktuellen Hauptakteuren Steve Howe und Geoff Downes sowie weiteren Musikern der klassischen Bandbesetzung diskutieren wir nicht nur das neue Album, sondern werfen auch einen intensiven Blick zurück: Exakt vor fünfzig Jahren begründeten die beiden Alben des Jahres 1971 die damalige progressive Vorreiterrolle von Yes. Wir nehmen »The Yes Album« und »Fragile« intensiv unter die Lupe und und  sprachen über das »Fragile«-Artwork mit Roger Dean, dessen Coverkunst zum wichtigen Erkennungsmerkmal der Band wurde. Nicht ausgespart wurde natürlich auch die Frage nach der derzeit auf Eis liegenden Formation Yes featuring Jon Anderson, Trevor Rabin, Rick Wakeman (Yes feat. ARW) und einer möglichen Reunion beider Gruppen.

Mehrfach angekündigt und verschoben erscheint am 1. Oktober endlich „The Quest“, das neue Album von Yes. Kann die Band damit die Schmach des unterirdischen Vorgängers „Heaven & Earth“ in Vergessenheit geraten lassen? Im Gespräch mit eclipsed standen Gitarrist Steve Howe und Keyboarder Geoff Downes nicht nur dazu Rede und Antwort. Zu Beginn der vierten Corona-Welle war es noch immer nicht angesagt, sich von Angesicht zu Angesicht zu unterhalten. So kam es sozusagen zu einem getrennten „Verhör“: Auf der Grundlage eines abgestimmten Fragenkatalogs sprach Michael Lorant ausführlich mit Geoff Downes, während Walter Sehrer sich Steve Howe vornahm. Dies ermöglichte es auch, bei gleichen Fragestellungen mit dem konsensliebenden Howe ein anderes Gespräch zu führen als mit Downes, der Spaß an Kontroversen hat. Dementsprechend enthält das folgende Doppelinterview einige differenzierte Antworten. 

eclipsed: Bevor wir auf „The Quest“ zu sprechen kommen: Sicherlich ist euch die massive negative Kritik von Fans und Medien an „Heaven & Earth“ nicht entgangen. Was gibt es dazu zur Rechtfertigung zu sagen?

Geoff Downes: Da muss ich nicht lange drum herumreden. Das Album landet sicher nicht in irgendeiner Yes-Top-10-Liste, selbst in meiner nicht. Aber es war wie so oft: Wenn du gerade mittendrin bist, betrachtest du es nicht objektiv oder kannst oder willst nicht gegensteuern. Selbst wenn ich nicht alles so daneben finde, wie ich es teilweise in Rezensionen oder Internetkommentaren gelesen habe, war es leider ein Ausrutscher nach unten.

eclipsed: Gab es bei „The Quest“ im Vergleich dazu Unterschiede in eurer Herangehensweise? Diesmal war Steve Howe der alleinige Produzent.

Steve Howe: Ich bin ja schon so lange bei Yes und war auch oft auf der Produktionsseite eingebunden. Vielleicht konnte ich deshalb klarer sehen, wo wir etwas falsch gemacht hatten, ich hatte da ja bereits viel Erfahrung. Es ging um das Klangdesign und die Methode des Aufnehmens. Alles war diesmal sehr harmonisch und musikalisch. Einige unserer früheren Produzenten hatten in dieser Hinsicht ziemlich versagt. Das Produzieren an sich war eigentlich nicht schwierig. Man hat meine Ideen entweder als gut akzeptiert oder sie eben als Mist verworfen. (lacht) Die ganzen Arrangements waren zentral, nicht aber, etwas zu machen, das nach Möglichkeit wie ein früherer Yes-Song klang. Es sollte frisch und lebendig, aber auch ausgereifter klingen als der Vorgänger „Heaven & Earth“. Unser Ziel war, die richtige Yes-Atmosphäre zu schaffen. 

Downes: Das möchte ich nochmals hervorheben: Yes waren immer einzigartig. Und darum ging es uns bei „The Quest“: Es sollte ein neues, aber auch irgendwie Yes-typisches Album werden.

eclipsed: Was sagt ihr Leuten wie mir, die das neue Werk zwar als Yes-typisch betrachten und es natürlich besser, aber stellenweise nicht neu und spannend finden, sondern sogar langweilig? Wäre ein von außen kommender versierter Produzent nicht vielleicht doch besser gewesen? 

Downes: Gut, dass dich Steve nicht hört. (lacht) Ich hoffe mal, dass du da eine Mindermeinung vertrittst. Ich mag viele Songs des Albums und halte sie für richtig gut. Ich finde auch, dass wir hier als Team agiert haben und jeder offen und ehrlich zu den anderen war. 

eclipsed: Waren andere Produzentennamen im Gespräch?

Howe: Nein. Mit Jon Davison, der beim 5.1-Mix mithalf, und vor allem Toningenieur Curtis Schwartz, mit dem ich seit zwanzig Jahren zusammenarbeite, gab es ja ein festes Team. 
Downes: Dass bei Steve die Fäden zusammengelaufen sind, empfanden alle Beteiligten als richtig.

eclipsed: Habt ihr denn den Eindruck, mit „The Quest“ ein Album produziert zu haben, das mit eurem außergewöhnlichen Backkatalog mithalten kann?

Howe: Wir wollten keine Parodie aus uns machen und uns nicht wiederholen. Wir sind eine kreative Band.

Downes: Im Gegensatz zu Steve und Alan White bin ich noch nicht so lange bzw. so oft für Yes tätig gewesen und deshalb gleichzeitig Yes-Mitglied und -Fan. Ehrlich gesagt fällt es mir leichter, über Yes-Alben zu reden und zu urteilen, die ohne mein Zutun entstanden sind, als mich selbst zu bewerten. Ich will es mal so sagen: „Drama“, mein erstes Yes-Werk, fanden viele damals ganz fürchterlich – und heute ist es ein Klassiker ...

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