Polly Harvey hat ein Album über ihre Kindheit aufgenommen, das viele Elemente des Filmgenres Folk Horror in sich trägt (siehe Kasten), weil es über eine Schwellenerfahrung berichtet, die eine Verbindung zwischen dem Verlust der kindlichen Unschuld und der verlorenen Bindung zur Natur herstellt. Hierbei steht sie durchaus in der Tradition ihrer letzten Werke, vor allem bezüglich des Rekurses auf den Mythos vom alten, verlorenen Albion, der auf ihrem Meisterwerk „Let England Shake“ im Mittelpunkt steht. Wurde das mythische Bild jenes sagenumwobenen Britanniens dort noch in den zeitgenössischen Brexit-Diskurs eingewoben, so verlagert sich das neue Album vollständig ins Subjektive, Innere, Private.
Polly Jean Harvey serviert auch auf ihrem neunten Studioalbum keine leichte Kost. Wie schon mit dem Vorgänger „Let England Shake“ erweist sie sich als äußerst scharfsinnige Beobachterin – in diesem Fall von Missständen in den USA und in den von deren Außenpolitik betroffenen Regionen wie etwa das Kosovo und Afghanistan. Dabei erhebt sie nie den Zeigefinger. Sie setzt eigene Erkenntnisse künstlerisch um und überlässt die Interpretation dem Hörer.
In den 60er-, 70er- und 80er-Jahren war es Usus, dass Musiker Stellung zum Zeitgeschehen beziehen und dabei klare Worte wählen – Pete Seeger, Woody Guthrie, Bob Dylan, Joan Baez und CSN stehen für diese Tradition, aber auch Punkrocker wie The Clash und Stiff Little Fingers bzw. Reggaekünstler wie Bob Marley. Doch wer singt heute noch über globale Missstände? Wer traut sich, den Finger in die Wunden zu legen und dafür auch Kritik einzustecken? Im Grunde niemand – außer einer Dame von der englischen Südküste, die nur zu gern auf Konfrontationskurs geht: Polly Jean Harvey, 46 Jahre alt und eine starke, eine kämpferische Frau.
Die Dänin Majke Voss Romme ist immer wieder überrascht, mit wem sie so alles verglichen wird. Frau am Klavier – da drängt sich doch Tori Amos als Einfluss auf? „Tatsächlich habe ich zum Beispiel von ihr erst durch Musikjournalisten erfahren. Viel kenne ich nicht von ihr, aber ich mag, was sie macht.“ Stellt sich also die Frage, welche Musikerinnen dann wichtig für sie sind. „Ich liebe die Musik von Stina Nordenstam, einer schwedischen Sängerin und Songwriterin, außerdem von Nina Simone und PJ Harvey. Als Kind habe ich auch gerne Whitney Houston, Toni Braxton und die Spice Girls gehört. Aber inwieweit das mein kreatives Schaffen beeinflusst hat, kann ich nicht sagen.“
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