„Eine echte Retrorock-Überraschung!“ Das Urteil von eclipsed-Autor Walter Sehrer über Vvlva ist eindeutig. Das junge Aschaffenburger Quintett mit dem expliziten Bandnamen lässt sich ähnlich wie zuletzt Siena Root vom Hardrock der frühen Siebziger inspirieren, als bei Bands wie Deep Purple und Uriah Heep die Hammond mächtig röhrte und mit einer Heavy-Gitarre im Duett sang. Eine kräftige Prise Psychedelic hat man der Würzmischung auf dem Debüt „Path Of Virtue“ zudem noch beigefügt. Zusätzlich zum Heft-Interview gibt es bei uns Online-exklusiv ein ausführliches Gespräch mit Sänger Tobias Ritter.
eclipsed: Was hat euch zu dem Namen Vvlva bewogen? Was bedeutet er für euch, in einer Band, in der ausschließlich junge Herren beteiligt sind? Ist da vielleicht auch ein bisschen gewollte Provokation dahinter, wie zum Beispiel ähnlich den Jungs von Black Pussy?
Tobias Ritter: Wir sind alle gezeugt und geboren. Warum also nicht einen Namen der Fruchtbarkeit bzw. einen Namen, der das Schöpferische symbolisiert?!
eclipsed: Erzähl mal bitte ein bisschen was zur Bandgeschichte. Wer hat wen in welcher Bar getroffen? War außer dir noch jemand vorher bei Orcus Chylde dabei?
Ritter: Eigentlich kennt in Aschaffenburg soweit jeder jeden der irgendwas mit Musikmachen, Skateboarden oder Abhängen in der Stammkneipe Hannebambel zu tun hat. Phillip und ich hatten beide einen musikalischen Leerlauf, da bei unseren Bands nicht mehr viel vorwärts ging. Phillip hat dann Johannes ins Boot geholt und wir haben dann einfach mal bei Johannes im Proberaum Musik gemacht und hatten gleich ein gutes Gefühl. Daraufhin haben wir Michael aktiviert und ruck, zuck hatten wir die EP aufgenommen und konnten danach noch Chrissi an der Orgel dazugewinnen. Bis auf mich war von Orcus Chylde niemand dabei.
eclipsed: Was ist eigentlich mit Orcus Chylde passiert? Es finden sich ja doch einige Parallelen zum Sound deiner alten Band, oder? Es gab doch recht viele Fans eures relativ speziellen Sounds.
Ritter: Ich denke, irgendwann werden wir sechs uns mal zusammenraufen und nochmal was raushauen! Nico lebt mittlerweile in Berlin und ist oft mit „Der Weg einer Freiheit“ auf Tour.
Wir teilen uns außerdem mit der Band „Pulver“ den Proberaum in der Lukas von OC ist. Die Jungs bringen jetzt ihre erste EP auf Gates of Hell Records raus. Wer auf späten 70er Metal Rock steht sollte sich das definitiv mal reinziehen. Ich glaube, OC war etwas moderner und sphärischer als Vvlva.
eclipsed: Zurück zu Vvlva; was bedeutet euch der „Path Of Virtue“? Inwiefern ist dieser „Pfad der Tugend“ für ein paar junge Burschen wie euch denn relevant?
Ritter: Der Song dreht sich darum, dass man sich nicht so fertigmachen soll, wenn was im Leben zerbricht oder es irgendwelche Rückschläge gibt, die man selbst verschuldet hat. Man reift an solchen Erlebnissen.
eclipsed: Euch wird in Reviews häufig ein ähnlicher Sound wie Uriah Heep oder Deep Purple zugeschrieben. Wie seht ihr das? Wie schwer oder leicht hat es eine Band heutzutage noch „ihren eigenen Mann zu stehen“ ohne Vergleiche dieser Art? Warum ist gerade dieser Sound wieder so angesagt? Gerade die Hammondorgel scheint ein regelrechtes Revival zu feiern.
Ritter: Es geht mir ja auch so, dass ich eine Band höre und unbewusst denke: „Okay, der Part kommt mir irgendwie bekannt vor“. Meist erschließt sich dann aber nach mehrmaligem Hören das ganze Bild und das Gefühl verschwindet auch recht schnell. Musik sollte authentisch sein und nicht aufgesetzt wirken, dann kann man auch mal „zitieren“.
eclipsed: Wie steht ihr generell zum Thema Retrorock? In den letzten Jahren gab es ja eine große Welle an jungen Bands, die sich plötzlich auf die 70er Jahre berufen und auch in den Musikmedien ein neues Interesse geweckt haben. Wer kommt zu euren Konzerten?
Ritter: Wir finden das gut und es kommt uns ja auch zugute. Faszinierend finde ich auch, dass „ältere“ Generationen unsere Musik kaufen oder zu unseren Konzerten kommen, das ehrt einen total. Das wirklich schöne an dem Genre ist, dass es keine Grenzen gibt. Sei progressiv, funky, heavy, rockig oder mische alles zusammen, die Freiheit gibt es möglicherweise bei anderen Genres nicht so in den Maßen.
eclipsed: Wollt ihr ein bisschen was zur Entstehung des Albums erzählen? Wie groß war der Einfluss von Rene Hoffmann, der ja selber u.a. auch bei Wight aktiver Musiker ist. Seid ihr auch so richtige Gearnerds, mit Uralt-Bandmaschine und ähnlichem Schnickschnack?
Ritter: Wir haben bei einem Freund im Proberaum eine kleine Pre-Production gemacht. Das kam Rene sehr zugute, da er sich im Vorfeld schon mal drauf einstellen konnte was auf ihn zukommt. Für uns war es auch gut, um vor dem Studio einfach nochmal zu hören welche Passagen evtl. noch etwas Schliff gebrauchen könnten. Rene hatte definitiv coole Ideen und auch cooles Equipment. Er hat es auch verstanden nochmal aus jedem mehr raus zu kitzeln. Leider hatten wir nur eine Woche Zeit im Studio und einem selber fallen dann erst im Nachhinein noch diverse Sachen auf. Aber im Großen und Ganzen können wir zufrieden sein wie unser Debüt klingt. Ich denke, man kann auch mit kleinerem Budget und vielleicht billigerem Nachbau-Equipment auf den Sound kommen den man möchte. Im Endeffekt ist es aber Geschmackssache.
eclipsed: Ihr bedient euch vereinzelt ja auch psychedelischer Elemente, oder wie beim Opener „Black Sands“ einer mächtigen Dosis Klassik („Toccata und Fuge in d-Moll“ von J.S. Bach). Wie kam es gerade zu letzterem? Was sind eure generellen Einflüssen, vielleicht auch an Sachen die man nicht sofort erwartet (Heep/Purple)?
Ritter: Wir haben uns jetzt nicht explizit hingesetzt und haben Deep Purple oder Uriah Heep studiert. Wenn man klassische Musik mit RockʼnʼRoll-Riffs kombiniert kommt zwangsläufig dieser Sound zustande. Meiner Meinung nach sind aber auch Songs auf der Platte, die wenig bis keine Parallelen mit diesen Bands haben.
eclipsed: Mal ehrlich, mögt ihr die Puhdys? Oder anders gefragt: Was war der wirkliche Auslöser hinter „Dieb der Seelen“? Kann man in Zukunft mehr solcher Titel erwarten? In gewissem Sinn bliebe deutscher Gesang im Retrorock ja doch ein recht großes Alleinstellungsmerkmal.
Ritter: Ich kannte bis vor paar Jahren eigentlich nichts von den Puhdys. Heat aus Berlin haben eine Zeitlang „Türen öffnen sich zur Stadt“ gecovert. Erst da wurde ich aufmerksam auf die Band. Es ist schwer auf Deutsch die richtigen Worte zu finden ohne total „cheesy“ zu klingen. Meine Freundin meinte irgendwann, als ich schon zwei Texte verworfen hatte, dass der Song irgendwas von einem Galopp hat. Da kam mir der Erlkönig in den Sinn. Wir haben tatsächlich schon einen neuen deutschen Song, aber auch neue in Englisch. Wir sind da jetzt nicht auf was Besonderes fokussiert.
eclipsed: Wie seid ihr bisher zufrieden mit dem Zuspruch zu „Path Of Virtue“?
Ritter: Also wenn man die Songs so oft gehört und gespielt hat, dann weiß man als Interpret die ganze Sache gar nicht mehr richtig einzuschätzen. Umso schöner war es jetzt natürlich so tolles Feedback zu bekommen.
eclipsed: Noch eine Frage zur Veröffentlichungspolitik eures Labels. Wer hatte die Idee, dass es LP und CD in einem gibt, aber dann auch nochmal nur die CD für 2 Euro weniger. Macht das Sinn? Das kommt mir etwas merkwürdig vor, nennt mich altmodisch... ich nehme an, ihr selbst seid doch eher LP-Hörer?
Ritter: Also wir selbst verkaufen die Platte für 15 und die CD für 10! Was unser Label treibt, geht uns nix an. Aber wenn ich natürlich die Chance habe, eine Platte abzugreifen, in der eine CD drin ist, dann nehme ich natürlich die.
eclipsed: Was habt ihr für Zukunftspläne mit der Band? Darf man euch beim Herzberg oder ähnlichen Festivals erwarten?
Ritter: Wir spielen eine Secret Show auf einem Festival im August. Wir sagen zu keinem Festival nein. Aber ich glaube, wir waren jetzt schon etwas spät dran für das Booking dieses Jahr. Wir sind gerade heiß auf das Schreiben neuer Songs und wollen versuchen Ende des Jahres wieder ins Studio zu gehen um das zweite Album aufzunehmen.
eclipsed: Was sind eure derzeitigen Faves? Hört ihr auch aktuelle Bands?
Alte Bands: Atomic Rooster, Captain Marryat, Cressida, Quintessence & alte Scorpions
Aktuelle Bands: Pulver, Scheisse Minelli, Heat, Down With The Gypsies & Hällas